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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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tionen, vegetative Reaktivität (ausgeprägtes Schwitzen, Labilität der Kreislaufregulation<br />

u. a.), nächtliche Unruhe und Schlafdefizit, geringe Resistenz gegen Infektionen.<br />

Viele dieser Beschwerden und Funktionsstörungen wurden früher unter<br />

den Begriffen vegetative Dystonie und allgemeines psychovegetatives Syndrom und<br />

heute als somatoforme Störungen zusammengefasst (Delius & <strong>Fahrenberg</strong>, 1966;<br />

Myrtek & <strong>Fahrenberg</strong>, 1998).<br />

Der mögliche Zusammenhang zwischen funktionellen Auffälligkeiten in der<br />

Kindheit und der späteren Entwicklung war das Thema zahlreicher Längsschnittstudien.<br />

So wurde u. a. nach früh zu beobachtenden “Markern” späterer Verhaltensstörungen<br />

und psychiatrischer Krankheiten, z. B. der Schizophrenie, geforscht. Die<br />

Forschungsergebnisse hinsichtlich solcher Vulnerabilitätsmarker und psychobiologischen<br />

Dispositionen sind widersprüchlich. Zweifellos gibt es aber Risikofaktoren<br />

für bestimmte Erkrankungen. Risikofaktoren (Risikodispositionen) sind physiologisch-biochemische<br />

Merkmale und bestimmte Verhaltensweisen, die bei einer<br />

bestimmten Krankheit prämorbid signifikant häufiger vorhanden sind als bei<br />

Kontrollpersonen. Es handelt sich also nicht um eine Kausalerklärung dieser<br />

Krankheit, sondern um ein statistisch kalkulierbares Risiko, d. h. die Erwartungswahrscheinlichkeit,<br />

bei einer bestimmten Kombination von Faktoren diese<br />

Krankheit zu entwickeln.<br />

Werner (1989) entwickelte in ihrer Längsschnittstudie ein umfassendes psychosoziales<br />

Vulnerabilitätskonzept. Es berücksichtigt die Prädisposition zu bestimmten<br />

Krankheiten, die Entwicklungspsychologie von Anpassung und Fehlanpassung,<br />

von Sozialisation und Delinquenz, die individuellen Risikofaktoren in Wechselwirkung<br />

mit protektiven, d. h. den schützenden und förderlichen Dispositionen der<br />

personalen und sozialen Ressourcen.<br />

Unter biographischer Perspektive interessiert auch die Frage nach den Beziehungen<br />

zwischen Persönlichkeit und Krankheit. Suls und Rittenhouse (1990) versuchten,<br />

die vielfältigen und oft spekulativen Aussagen nach drei Fragestellungen zu<br />

ordnen:<br />

• bestimmte Persönlichkeitsmerkmale disponieren zu Hyperreaktivität bei akuten<br />

und chronischen Belastungen (Stressoren);<br />

• bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und die körperliche Krankheit sind zwei<br />

Manifestationsweisen der zugrundeliegenden konstitutionellen Schwäche;<br />

• bestimmte Persönlichkeitsmerkmale disponieren zu erhöhten Gesundheitsrisiken,<br />

z. B. gefährdenden Verhaltensweisen, erhöhter Exposition für schädigende<br />

Einflüsse oder Vermeidung von gesundheitsfördernden Verhaltensweisen.<br />

Vulnerabilitäten, die zu psychischen, funktionellen und somatoformen Störungen<br />

disponieren, die akuten Erkrankungen und vor allem die chronischen Krankhei-<br />

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