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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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7.3 Gesichtspunkte zur Beschreibung von Träumen<br />

Der erlebte Traum besteht vorwiegend aus Bildern und Szenen, der berichtete<br />

Traum liefert eine verbale Beschreibung des erlebten, manifesten Traums. Der<br />

protokollierte Text erhält durch die Schriftform noch einmal eine andere Gestalt.<br />

Traumtexte können u. a. nach ihrer Thematik und nach verschiedenen deskriptiven<br />

Kategorien klassifiziert werden. Zu solchen Merkmalen gehören Aufbau und<br />

Dramatik, Reichhaltigkeit an Szenen und Personen, an zeitlichen Bezügen und<br />

Qualitäten (Anschaulichkeit der Bilder, Vorkommen von Farben, Geräuschen,<br />

direkter Rede usw.).<br />

Viele Aspekte dieser anschaulichen und emotional gefärbten Traumbilder werden<br />

bei der Reduktion auf einen Traumtext verloren gehen. Ein psychologisch<br />

wichtiger Aspekt ist die emotionale Betroffenheit, die sich in der zeitlichen<br />

Nachwirkung des Traumerlebens ausdrückt. Sowohl das Auftreten spontaner<br />

Einfälle als auch sich aufdrängende Selbstdeutungen des Traums geben wichtige<br />

Hinweise für die <strong>Interpretation</strong>. Deskriptiv sind verschiedene Formen zu unterscheiden<br />

(Freud, 1900; J. A. Hall, 1982; Siebenthal, 1953) u. a.:<br />

• banale Tagesrest-Träume;<br />

• einfache Weckträume aufgrund eines äußeren Anlasses (oder auch<br />

Blasendrangs);<br />

• typisch wiederkehrende oder sich seriell entwickelnde Träume (Typträume);<br />

• emotional sehr aufwühlende Träume mit positivem oder mit aversivem<br />

Gehalt (Alpträume);<br />

• Träume mit zurückschauender (retrospektiver) und mit vorausschauender<br />

(prospektiver) Tendenz;<br />

• große Träume mit existentieller (“archetypischer”) Bedeutung.<br />

Inhaltlich werden u. a. Hindernisträume, Angstträume, Verfolgungsträume, Flugträume,<br />

sexuelle oder aggressive Träume, bevorstehende Aufgaben antizipierende<br />

Träume und Entwicklungs- (Wandlungs-) Träume hervorgehoben. Psychologisch<br />

überzeugender wäre auch hier eine genauere thematische Analyse, vorausgesetzt,<br />

dass es befriedigend gelingt, diese Themen zu bestimmen.<br />

Zur standardisierten Inhaltsanalyse von Träumen sind mehrere Kategoriensysteme,<br />

Skalen und genaue Kodierungstechniken entwickelt worden (siehe u. a.<br />

Foulkes, 1978; C. S. Hall & Van de Castle, 1966; Moser & von Zeppelin, 1996;<br />

Winget & Kramer, 1979). Während sich die älteren Ansätze vor allem mit der<br />

quantitativen Inhaltsanalyse befassten, sind neue Ansätze darauf angelegt, durch<br />

genauere Textanalysen einen Einblick in den Prozess des Träumens zu gewinnen.<br />

Eine wichtige und schwierige Aufgabe ist dabei die Kodierung von Personen und<br />

deren Interaktionen. Dies verlangt Entscheidungen über die Identität von<br />

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