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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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seitige Übersicht über Anwendungen und Anwendungsprobleme gab Merten<br />

(1983). Über deutsche Arbeitsgruppen, Adressen und Projekte mit “qualitativen”<br />

Ansätzen, vor allem in den Sozialwissenschaften, informieren Mruck und Mey<br />

(1998). Heute kann das Internet für Recherchen und Kontakte genutzt werden, z.<br />

B. das Forum Qualitative Sozialforschung (www.qualitative-research.net).<br />

Zeitungsartikel und politische Texte<br />

Aus sozialpsychologischer Sicht sind Inhaltsanalysen von Leitartikeln in Tageszeitungen<br />

und politischen Reden aufschlussreich über politische Einstellungen<br />

und Beeinflussungsversuche. Bekannt wurde Enzensberger (1965), der typische<br />

Formen und Defizite der “Bewusstseins-Industrie” durch kritische Inhaltsanalysen<br />

der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, des Spiegel, der Wochenschau<br />

und einer Taschenbuch-Produktion belegen wollte. Auch die Massenmedien<br />

waren häufig Gegenstand von Inhaltsanalysen, z. B. hinsichtlich der Zunahme<br />

von Gewaltdarstellungen und deren Auswirkungen. Merten (1983) gab eine breite<br />

Übersicht über solche Untersuchungen von Medien und Medieninhalten (siehe<br />

Charlton & Schneider, 1986; Klingler, Roters & Zöllner, 1998; Kunczik, 1998).<br />

Erwähnenswert sind auch die herausragenden oder die regelmäßig wiederkehrenden<br />

Reden. Winter (1987) wertete die Antrittsreden aller amerikanischer Präsidenten<br />

zwischen 1789 und 1981 aus, indem er die psychologischen Kategorien<br />

des TAT (siehe Abschnitt 9.3) verwendete. Die Anzahl historisch wichtiger<br />

Entscheidungen, der Beginn oder die Vermeidung von Kriegen wiesen Zusammenhänge<br />

mit den geäußerten Machtmotiven und der Differenz zwischen<br />

Machtmotiv und Intimitätsmotiv (eine persönliche Beziehung mit guten<br />

Freunden und Partnern zu haben) auf. Die Inaugural Address von Richard Nixon<br />

im Jahr 1969 wurde von Winter und Carlson (1988) inhaltsanalytisch ausgewertet.<br />

Im Vergleich zu Nixons Alltagsverhalten, das nach Berichten von Mitarbeitern<br />

beurteilt wurde, ergaben sich für die Rede ein höheres Leistungs- und<br />

Geltungsstreben und ein höheres Anschluss- und Intimitätsmotiv. <strong>Psychologische</strong><br />

Schlussfolgerungen sind sicher schwierig, zumal diese Reden meist von<br />

einem größeren Beraterstab zusammengestellt werden.<br />

Märchen<br />

Märchen wie Rotkäppchen und der Wolf sind fast jedem Menschen bekannt.<br />

Fetcher (1974) hat solche Märchen in amüsanter Weise und in verschiedenen<br />

Varianten nacherzählt. Die Ideen dafür kamen, so berichtete er, während langweiliger<br />

akademischer Sitzungen. Jedes Märchen wird zuerst in der Version nach<br />

Grimm erzählt, anschließend in einer philologisch-textkritischen Manier, in<br />

psychoanalytischer Auffassung und aus Sicht des historischen Materialismus.<br />

Märchen können also sehr verschieden gedeutet werden. Dies zeigt sich auch<br />

beim Vergleich der konkurrierenden <strong>Interpretation</strong>en des Märchens Rotkäppchen<br />

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