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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Auswahlentscheidungen<br />

Die praktische Anwendung der Text- und Inhaltsanalyse verlangt mehrere Auswahlentscheidungen,<br />

zu denen u. a. die wichtige Auswahl der Materialbasis gehört.<br />

Handelt es sich um einen einzelnen Text, um eine Gelegenheitsauswahl von Texten<br />

oder um mehrere typische Fälle, gibt es eine systematische Auswahl, z. B. nach<br />

Quoten oder nach Zufallsprinzip? (siehe u. a. Mayring, 1997; Merten, 1983;<br />

Wengraf, 2001). Dies sind elementare Fragen, falls ein Untersucher an eine wissenschaftliche<br />

Generalisierung seiner Eindrücke und Ergebnisse denkt. Die allgemeine<br />

Methodenlehre der Psychologie enthält ausführliche und gründliche Anleitungen<br />

für solche Auswahlentscheidungen (Bortz & Döring, 2002; Kerlinger & Lee, 2000).<br />

Zuverlässigkeit von Segmentierung, Kodierung und <strong>Interpretation</strong><br />

Im Prozess der Text- und Inhaltsanalyse kommt es – als Voraussetzung methodisch<br />

verantwortbarer und inhaltlich überzeugender <strong>Interpretation</strong>en – auf eine<br />

möglichst weitgehende Übereinstimmung bei wichtigen Operationen an. Eine<br />

Methodik ist auch nur dann lehr- und lernbar, wenn eine ausreichende Übereinstimmung<br />

in den wichtigsten Schritten besteht.<br />

Sofern für ein bestimmtes Verfahren der Text- und Inhaltsanalyse spezielle<br />

Regeln festgelegt wurden, kann die Übereinstimmung verschiedener Auswerter<br />

kontrolliert werden. Wie gut stimmen sie hinsichtlich der Segmentierung des<br />

Textes und der Kodierung dieser Textsegmente überein? Für diesen Zweck eignen<br />

sich die in der psychologischen Methodenlehre und Testtheorie zur<br />

Zuverlässigkeitsprüfung üblichen statistischen Verfahren: Übereinstimmung<br />

unabhängiger Auswerter (Inter-Rater-Reliablität) und Reproduzierbarkeit<br />

(Retest-Reliabilität). Je nach Art der Daten können die statistischen Analysen<br />

und Signifikanztests unter der Annahme einer Nominalskala, einer Ordinalskala<br />

oder einer Intervallskala durchgeführt werden. Diese Verfahren sind gut ausgearbeitet<br />

und einfach anzuwenden. Sie wurden auch in einigen der Bücher zur<br />

Inhaltsanalyse referiert (u. a. Krippendorff, 1980; Mayring, 1997; Merten, 1983;<br />

Ritsert, 1972; siehe Lienert & Raatz, 1998). Es fehlen jedoch konkrete Ergebnisse,<br />

d. h. Koeffizienten für qualifizierte Auswerter von typischen Verfahren.<br />

Dem Leser ist es meist nicht möglich, typische Koeffizienten zu erfahren und<br />

Erwartungswerte zu bilden. Andere Publikationen schweigen sich über diese<br />

methodisch grundlegenden Fragen völlig aus.<br />

Natürlich kann es sein, dass solche Prüfungen in Projektberichten oder unveröffentlichten<br />

Arbeiten vorgenommen wurden. Dann ist es aber auffällig und<br />

schwer verständlich, dass nicht wenigstens einige Ergebnisse und Erfahrungen<br />

mitgeteilt werden. Kann es sein, dass diese Fragen einfach ausgeklammert wurden?<br />

Tatsächlich fehlen methodische Kontrollen dieser Art für weite Bereiche<br />

der Text- und Inhaltsanalyse, während sie für psychologische Tests und sogar für<br />

die Graphologie gründlich durchgeführt worden sind.<br />

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