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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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pretationsaufgabe als ein System von Strategien und Regeln für die sprachliche<br />

Verständigung über Inneres begriffen werden. Auf dem Gebiet der empirischen<br />

Psychologie gehören dazu die notwendigen fachlichen Konventionen und<br />

Ausbildungsverfahren, die systematische Prüfung durch qualifizierte Interpreten,<br />

der Praxisbezug und die zugehörigen berufsethischen Kriterien. Unter diesen<br />

Perspektiven gibt es wesentliche Unterschiede zur geisteswissenschaftlichen<br />

Hermeneutik.<br />

In weiten Bereichen der neueren Psychologie ist die ermüdende Auseinandersetzung<br />

über die Probleme des Verstehens erlahmt. Die neuere Diskussion hat<br />

sich mehr in die wissenschaftstheoretischen Fragestellungen und Kontroversen<br />

verschoben. Hier ist auch eine bemerkenswerte terminologische Akzentverschiebung<br />

eingetreten, denn statt Verstehen wird heute oft der Begriff Wissen bevorzugt.<br />

Dies ist besonders auffällig im Handbuch von Denzin und Lincoln (2000).<br />

Auch Wengraf (2001) hat sein wichtiges Buch über halb-strukturierte narrative<br />

Forschungsinterviews ohne wesentliche Verweise auf Hermeneutik, Verstehen<br />

oder Psychoanalyse geschrieben.<br />

Kommunikation und Interaktion sind konstitutiv<br />

Während es in der geisteswissenschaftlichen Hermeneutik primär um das Verständnis<br />

eines Textes geht, wird in der psychologischen und sozialwissenschaftlichen<br />

Sichtweise der Kommunikationsprozess stärker betont. Der Text entsteht<br />

in einem zweiseitigen sozialen Prozess zwischen Erzähler und gedachtem oder<br />

tatsächlichem Zuhörer. Deswegen sind, vor allem beim Interview, kommunikative<br />

Aspekte und situative Bedingungen zu berücksichtigen – auch als vielleicht<br />

verzerrende Einflüsse.<br />

Die grundlegende Überzeugung – zugleich Ausdruck einer bestimmten philosophischen<br />

Anthropologie – ist dem Vorwort zum Handbuch der qualitativen<br />

Sozialforschung zu entnehmen (von Kardorf, 1991, S. 7): “Auf einer erkenntnistheoretischen<br />

Ebene haben insbesondere die in der interaktionistischen und phänomenologischen<br />

Tradition stehenden Analysen zwei Sachverhalte deutlich<br />

gemacht: die soziale Wirklichkeit kann zureichend als sinnhaft durch Kommunikation<br />

und Interaktion der Menschen konstituiertes Gebilde begriffen werden;<br />

und sie kann nur auf dem Wege der Rekonstruktion kollektiver Deutungsmuster<br />

verstanden werden.”<br />

Philosophie des Verstehens (Wahrheit und Methode)<br />

Hermeneutik bezeichnet nicht nur die Idee einer Universalmethodik der Geisteswissenschaften,<br />

sondern auch eine philosophische Position. Diese philosophische<br />

Hermeneutik, wie sie mit den Namen Heidegger und Gadamer verbunden<br />

ist, geht den Ursprüngen und allgemeinsten Grundlagen des Verstehens<br />

nach. Sie befasst sich vorrangig mit Grundfragen der Möglichkeit des Verste-<br />

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