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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Die Werke Sigmund Freuds enthalten die bekannteste Traumtheorie. Doch<br />

schon lange vor ihm gab es zahlreiche theoretische Ansätze und methodische<br />

Vorschläge (siehe J. A. Hall, 1982; Siebenthal, 1953). Die Geschichte der<br />

Traumdeutung reicht weit in die Mythologie und Religionsgeschichte der<br />

Chaldäer, Babylonier, Assyrer, Ägypter und Griechen zurück. Beispiele sind u.<br />

a. die Geschichte von Joseph in Ägypten als Traumdeuter des Pharao oder die<br />

zahlreichen prophetischen Träume im Alten Testament, in der Mythologie und<br />

in Märchen.<br />

In der antiken Welt war das Traumbuch des Artemidor aus Daldis berühmt.<br />

Artemidor unterschied im zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung bereits zwischen<br />

Träumen, die sich auf die Zukunft beziehen, und Träumen, die vom Charakter<br />

des Träumers, von aktuellen Ereignissen und dem Zustand des Körpers<br />

abhängig sind. Er erkannte, dass die Bedeutung der Traumbilder auch im<br />

Zusammenhang mit den Eigenschaften und dem Beruf des Träumers sowie anderen<br />

Umständen zu interpretieren ist (zit. nach J. A. Hall, 1982; Siebenthal, 1953).<br />

Aufwühlende Träume, “große” und archetypische Träume haben seit Menschengedenken<br />

den Eindruck hinterlassen, dass sie etwas wichtiges im Leben des<br />

Träumers und auch für andere Menschen bedeuten.<br />

Sigmund Freud<br />

Mit seinem Buch über Traumdeutung (1900) hat Freud der psychologischen<br />

<strong>Interpretation</strong> eine neue Grundlage gegeben. Am Anfang schreibt er in durchaus<br />

selbstbewusster Weise wie ein Entdecker:<br />

“Auf den folgenden Blättern werde ich den Nachweis erbringen, dass es<br />

eine psychologische Technik gibt, welche gestattet, Träume zu deuten, und<br />

dass bei Anwendung dieses Verfahrens jeder Traum sich als ein sinnvolles<br />

psychisches Gebilde herausstellt, welches an angebbarer Stelle in das seelische<br />

Treiben des Wachens einzureihen ist. Ich werde ferner versuchen, die<br />

Vorgänge klarzulegen, von denen die Fremdartigkeit und Unkenntlichkeit des<br />

Traumes herrührt, und aus ihnen einen Rückschluß auf die Natur der psychischen<br />

Kräfte ziehen, aus deren Zusammen- und Gegeneinanderwirken der<br />

Traum hervorgeht” (Freud, 1900, S. 1; GW II/III). Freud meinte später, dass<br />

die wesentlichen Entdeckungen der Psychoanalyse bereits in der “Traumdeutung”<br />

angelegt waren.<br />

Freud sah verschiedene Aspekte des Traums: der Traum als Hüter des Schlafs,<br />

als Wunscherfüllung, als Folge von Körperreizen und erinnerten Tagesresten, als<br />

ein Geschehen mit oft typischen Bildern und Szenen. Nach seiner Auffassung<br />

bleiben jedoch die eigentlichen, die dynamisch wirksamen Motive latent (lat.<br />

verborgen). Freud traf die grundlegende Unterscheidung zwischen dem manifesten<br />

Trauminhalt und dem latenten Trauminhalt. Der manifeste Trauminhalt ist,<br />

so wie er erzählt wird, zunächst unergiebig. Der Bericht muss psychologisch ent-<br />

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