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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Deutung<br />

Der psychologische Grundwert eines Merkmals stammt aus einer Art “Deutealphabet”.<br />

Dies sind jedoch nicht völlig festgelegte ausdruckskundliche Übersetzungen,<br />

sondern sie erhalten (1) je nach Ausprägung (relativer Stärke, Auffälligkeit)<br />

und (2) aus dem Zusammenhang mit anderen Merkmalen und den allgemeinen<br />

Schriftqualitäten einen Stellenwert, d. h. eine Gewichtung. Die Lehrbücher<br />

enthalten ausführliche Verzeichnisse und illustrierende Beispiele der Grundbedeutungen,<br />

z. T. in langen Tabellen ausgeführt (Heiß & Strauch, 1966; Müller &<br />

Enskat, 1961; Seibt, 1994, Wallner, 1998). Von besonderem Interesse sind die<br />

Verlaufsgestalten und die Wechselmerkmaligkeit der entwickelten Handschrift<br />

(Lockowandt, 1998; zum Begriff Verlaufsgestalt siehe auch Abschnitt 11.4.2).<br />

Neben den Ausdrucksprinzipien von Klages und den ausdruckskundlichen<br />

Analogieschlüssen gibt es noch andere Ansätze, die psychologische Bedeutung von<br />

Schriftmerkmalen abzuleiten. So kann etwa nach dem Zweck einer vereinfachten<br />

Form oder Verkürzung für das Schreibtempo und die Raumeinpassung, nach Leitbildern<br />

oder Vorbildern des graphischen Ausdrucks oder nach der symbolischen<br />

Bedeutung bestimmter Zeichen gefragt werden. Andere Autoren bezogen sich auf<br />

Analysen der motorischen und zentralnervösen Funktionen des Schreibens.<br />

Strategien der <strong>Interpretation</strong><br />

Die <strong>Interpretation</strong> dieser nach mehr als 20 Hauptkategorien geordneten<br />

Merkmale und der unzähligen Besonderheiten kann auf verschiedene Weise<br />

ansetzen:<br />

• Schematisches Vorgehen<br />

Die <strong>Interpretation</strong> geht systematisch vor und folgt dem Merkmalsprotokoll.<br />

• Dominantentechnik<br />

Der Graphologe richtet sich in seinen <strong>Interpretation</strong>shypothesen nach den für<br />

die Schrift charakteristischen Auffälligkeiten. Dies können allgemeine<br />

Eindrucksqualitäten sein. Oder eines der drei Bilder (Bewegungs-, Formoder<br />

Raumbild) dominiert. Einzelne Merkmale in den drei Bildern können<br />

herausstechen oder z. B. auch eine hochgradige Wechselmerkmaligkeit oder<br />

besondere Konstanz der Schreibbewegungen.<br />

• Syndromatik<br />

Bei einer Handschrift mit großen Rändern und Zeilenabständen wären auch<br />

weite Wortabstände als Ausdruck einer betonten Gliederungstendenz zu<br />

erwarten. Typische Merkmalskombinationen (Syndrome) mit psychologisch<br />

ähnlicher Bedeutung werden hervorgehoben, z. B. Hinweise auf soziale<br />

Anpassung, auf Antrieb und Vitalität oder auf Gefühlsbestimmtheit.<br />

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