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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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ekenntnisse gegeben. So ist auch in den zurückliegenden Jahrzehnten zweifellos<br />

ein buntes Spektrum von biographischen Methoden, tiefenpsychologischen<br />

Interviews und charakterkundlichen Explorationen, von projektiven Tests und<br />

von Ausdrucks-, Schrift- und Test-Deutungen praktiziert worden. Es war an<br />

manchen Universitäten eher ein “zu viel”. Nach einer breiten Auseinandersetzung<br />

über diese Verfahrensgruppe verschwanden viele dieser diagnostischen<br />

und interpretativen Verfahren, welche vor 30 oder 40 Jahren in Deutschland noch<br />

zum Pflichtstudium an vielen Instituten gehörten. Maßgeblich waren nicht allein<br />

die Zweifel an der Gültigkeit und am praktischen Nutzen, sondern auch der<br />

große Zeitaufwand für solche Verfahren.<br />

Die häufig genannten Gütekriterien einer Methodik, Adäquatheit (Operationalisierungsgüte),<br />

Validität, Zuverlässigkeit, Standardisierung durch Manuale, Vorliegen<br />

von Vergleichsdaten, sind nicht etwa nur Gütekriterien psychologischer<br />

Tests oder bestimmter Messmethoden. Sie sind als allgemeine Prinzipien der<br />

Wissenschaftlichkeit im Praxisfeld zu postulieren. Allerdings müssen die<br />

Verfahren und Konventionen so modifiziert oder weiterentwickelt sein, dass sie<br />

in einem bestimmten Arbeitsbereich überzeugen können.<br />

Ein Teil der Strömung zur “qualitativen” Psychologie ist wohl so zu verstehen,<br />

dass wegen des Fortfalls der gründlichen <strong>Interpretation</strong>sschulung im Diplomstudiengang<br />

nun in speziellen Projekten autodidaktisch und z. T. offensichtlich<br />

mit viel Begeisterung eine als adäquat angesehene Methodik erarbeitet wird.<br />

Allerdings scheint eine Verbindung mit der breiten Methodenlehre der Psychologie<br />

bisher erst selten zu gelingen. Der Schwierigkeitsgrad ist zweifellos<br />

hoch. Auch in dem langen Forschungsprogramm Thomaes ist die erstrebte<br />

Generalisierung von Beschreibungseinheiten und Typisierungen auf empirischinduktivem<br />

Weg und mit statistischen Sicherungen noch nicht in breiter und<br />

systematischer Weise gelungen.<br />

Ausbildung<br />

<strong>Psychologische</strong> <strong>Interpretation</strong> ist lehrbar und sie ist lernbar. Zu diesem Zweck<br />

werden anschauliche Beispiele benötigt, die zur <strong>Interpretation</strong> und zur Diskussion<br />

methodischer Einwände anregen. Da viele wichtige Hinweise auf Prinzipien<br />

und Strategien nur sehr verstreut zu finden sind oder z. T. fast vergessen zu sein<br />

scheinen, kann eine systematische Darstellung nützlich sein. Vielleicht ist es<br />

geradezu ein Kennzeichen für die gegenwärtige Verfassung dieses Gebiets, dass<br />

es zwar viele programmatische Schriften und Projekte, aber kein Lehrbuch dieser<br />

Methodik wie über andere Gebiete der Methodenlehre gibt.<br />

In der Psychologie ist die Ausbildung im Diplom-Studiengang weitgehend<br />

normiert, doch lässt die bundeseinheitliche Rahmenprüfungsordnung noch etwas<br />

Raum für Akzente. Dies gilt auch für den Bereich “Methodenlehre der Psychologie”<br />

im Grundstudium. Zwischen den Instituten gibt es hier deutliche Unter-<br />

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