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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Tagebücher<br />

In Tagebüchern wird niedergeschrieben, was den Autor oder die Autorin<br />

beschäftigt. Dies können Tagesereignisse, politische und ökonomische<br />

Verhältnisse sein, private Erlebnisse oder Konflikte, Einfälle, Ideen und<br />

Vorsätze. Hier sind viele Motive denkbar: die Freude am Schreiben, die<br />

Bewahrung von Erlebnissen, die Selbstdarstellung und Selbstanalyse oder ein<br />

Versuch zur Befreiung von Problemen und belastenden Konflikten im Sinne<br />

einer Selbstfindung und Selbsttherapie. Dem Tagebuch wird etwas anvertraut,<br />

weil ein Gesprächspartner fehlt, oder es wird schon für die Nachwelt geschrieben.<br />

Das Tagebuch wird so zu einer Quelle psychologischer Informationen<br />

über den Verfasser oder die Verfasserin.<br />

Tagebücher werden jedoch auch gezielt als eine psychologische Methode eingesetzt.<br />

In der psychologischen Prozessforschung können die alltäglichen Veränderungen<br />

des Verhaltens und des Allgemeinbefindens durch regelmäßige Selbstprotokolle<br />

im Stil eines freien Tagebuchs oder eines vorbereiteten Heftchens (Booklet)<br />

erfasst werden. In vielen Bereichen der klinischen Psychologie und Medizin wird<br />

von Patienten die regelmäßige Führung eines Tagebuchs gewünscht (z. B.<br />

Schmerztagebuch). Das Auftreten der Symptome, die auslösenden Bedingungen<br />

sowie die Einnahme von Medikamenten mit Uhrzeit und Dosierung sollen notiert<br />

werden. So könnte der Zusammenhang zwischen Migräneattacken und Ernährung<br />

oder zwischen Blutdruckreaktionen und Beanspruchungs- und Entlastungsphasen<br />

untersucht werden. Mittels Tagebuch können Krankheitssymptome und Selbstbehandlungen<br />

dokumentiert werden. Das Tagebuch wird zu einem quasi-therapeutischen<br />

Mittel, wenn es an das Selbstmonitoring von Störungen erinnert, z. B. an<br />

Diät, an Gewichtskontrolle und andere Vorsätze. Damit wird das Selbstmonitoring<br />

und Selbstmanagement von chronischen Krankheiten erleichtert (verschiedene<br />

Anwendungsgebiete der Tagebuch-Methodik siehe Thiele, Laireiter & Baumann,<br />

2002; Wilz & Brähler, 1997). Durch computer-unterstützte Verfahren (<strong>Fahrenberg</strong>,<br />

2002; <strong>Fahrenberg</strong> et al., 2002; <strong>Fahrenberg</strong> & Myrtek, 1996, 2001a, 2001b) werden<br />

der Anwendungsbereich und die technische Zuverlässigkeit noch erweitert.<br />

Die Tagebuch-Methodik kann also in verschiedenen Bereichen der angewandten<br />

Psychologie nützlich sein. Sie gestattet, mehr alltagsnahe Informationen<br />

über wichtige Aspekte zu erhalten als es in einem oft nur kurzen ärztlichen oder<br />

psychologischen Gespräch möglich ist.<br />

Tagebuchsammlungen<br />

In Deutschland sind unabhängig von den großen Archiven mit den Nachlässen<br />

bekannter Personen einige Sammlungen mit Tagebüchern verschiedener Personen<br />

entstanden.<br />

Hier ist das Institut für Geschichte und Biografie “Deutsches Gedächtnis” in<br />

Hagen zu nennen. Das Deutsche Tagebucharchiv e. V. in Emmendingen sammelt<br />

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