27.11.2012 Aufrufe

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Einsamkeit oder Alleinsein in dieser Subskala. Dies mag in vielen Fällen<br />

richtig sein, aber Einsamkeit oder Alleinsein ("ich liebe die Einsamkeit") kann<br />

auch ein angestrebtes angenehmes Gefühl sein, das sich qualitativ von dem<br />

Gefühl Angst unterscheidet, und es wäre dann fraglich, ob in solchen Inhalten<br />

auch wirklich Angst enthalten ist.<br />

Schuldangst<br />

Unter dieser Subskala werden Inhalte wie Kritik, Beschimpfung, Beleidigung,<br />

Misshandlung, Grausamkeit, Verurteilung, Missbilligung etc. erfasst. Es sind<br />

zwei unterschiedliche Phänomene, die unter dem Begriff Schuldangst subsummiert<br />

sind. Zum einen die Angst vor Kritik, Beschimpfung etc. durch<br />

andere (Angst vor Beschuldigung), ohne dass dabei ein subjektives Schuldgefühl<br />

vorhanden sein muss, und zum anderen ein Schuldgefühl aufgrund unerlaubter<br />

Gedanken und Taten, die das Subjekt begangen hat (Angst vor Bestrafung).<br />

Angst vor Beschuldigung könnte dann eine Beziehung zur Trennungsangst<br />

haben (Verlust der Liebe des geliebten Objektes), während Angst vor<br />

Bestrafung eine Folge der Verurteilung durch das eigene Über-Ich darstellt.<br />

Angst vor Scham/Schande<br />

Diese Subskala gilt Äußerungen über Spott, Unzulänglichkeit, Verlegenheit,<br />

Demütigung, Hervorhebung von Schwächen etc.. Das englische Wort<br />

"shame" beinhaltet zwei Begriffe, die im Deutschen getrennt sind, nämlich<br />

Scham und Schande. Auch Gottschalk und Gleser sehen diese beiden Unterformen.<br />

Scham wäre eher ein intrapsychischer Konflikt zwischen dem Ich und<br />

dem Ich-Ideal, während Schande eher auf äußere Kriterien bezogen ist, denen<br />

das Individuum nicht genügt. Es wäre also theoretisch die Angst vor dem<br />

Sich-minderwertig-erleben und die Angst vor der Geringschätzung durch die<br />

Umwelt zu unterscheiden.<br />

Diffuse oder unspezifische Angst<br />

Mit dieser Subskala werden Wörter oder Sätze erfasst, in denen Angst oder<br />

Furcht ohne Charakterisierung der Art oder der Quelle erwähnt werden. Diese<br />

Subskala unterscheidet sich von den fünf anderen grundlegend, dass hier kein<br />

bestimmter Inhalt (Tod, Verletzung, Trennung etc.) angesprochen ist, sondern<br />

dass die Tatsache der Erwähnung von – im allgemeinen Verständnis – mit<br />

Angst verbundenen Begriffen das Vorkommen von Angst anzeigt, ohne dass<br />

gleichzeitig ein bestimmter Inhalt angesprochen ist. Es besteht m. E. hier ein<br />

Bruch im System, bei dieser Angstform wird nicht mehr streng inhaltsanalytisch,<br />

sondern eher lexikalisch das Vorhandensein von Angst erfasst. Andererseits<br />

ist unbestritten, dass es Angst ohne konkrete Vorstellung gibt, die auch<br />

in klinischer Hinsicht von großer Bedeutung ist. Es sollte deshalb eher eine<br />

methodische Unreinheit in Kauf genommen werden, als auf diese wichtige<br />

Form der Angst zu verzichten.<br />

393

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!