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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Latenz: als Bezeichnung für gesellschaftliche Sinngehalte, welche einem<br />

Text in der historischen Entwicklung und durch erweitertes Wissen zuwachsen.<br />

(Ritsert, 1972, S. 44).<br />

Ritsert reduzierte den Umfang latenter Aspekte auf “gesellschaftliche” Konnotationen,<br />

die an einem Text erschlossen werden können. Diese Bedeutungen sind<br />

vielleicht nicht unmittelbar präsent, aber es sind in einem weiteren Sinn bewusste<br />

oder vorbewusste Beziehungen im Unterschied zu den verdrängten, dynamisch-unbewussten<br />

Affekten und Triebansprüchen aus psychoanalytischer Sicht.<br />

In seiner eigenen Forschung hat Ritsert die qualitative Inhaltsanalyse als “ein<br />

Untersuchungsinstrument zur Analyse des “gesellschaftlichen”, letztlich des<br />

ideologischen Gehalts von Texten” bezeichnet (1972, S. 9). Er hat dieses Verfahren<br />

zur Ideologiekritik an Trivialliteratur (am Beispiel der sog. Landserheftchen<br />

über die Taten der Deutschen Wehrmacht) empirisch eingesetzt. Ideologie wird<br />

häufig als “falsches Bewusstsein” übersetzt; Ideologiekritik ist demnach die<br />

Aufdeckung und Unterscheidung von “richtigem” und “falschem” Bewusstsein<br />

(siehe Lenk, 1972).<br />

Latenz als Beziehung zwischen Text, Kontext und Benutzern<br />

Latenz kann auf andere Weise definiert werden als im vorausgegangenen<br />

Abschnitt. “Inhaltsanalyse ist eine Methode zur Erhebung sozialer Wirklichkeit,<br />

bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines nicht manifesten<br />

Kontextes geschlossen wird.” (Merten, 1983, S. 57, in Anlehnung an<br />

Krippendorff). Merten definierte weiterhin: “Manifest sollen dann alle absoluten<br />

Merkmale eines Textes sowie die zwischen diesen herstellbaren Relationen heißen.<br />

Latent sind dagegen die Relationen, die sich zwischen den absoluten oder<br />

relationalen Textmerkmalen und den Benutzern des Textes (Kommunikator,<br />

Codierer, Rezipient) ausmachen lassen.” (S. 56).<br />

Mit absoluten Merkmalen sind Wörter, Sätze oder Bildelemente im Unterschied<br />

zu relationalen Merkmalen gemeint, d. h. Strukturen, Differenzen usw.<br />

Eine objektive Beschreibung der latenten Merkmale sei gerade wegen dieser<br />

Beziehungsvielfalt und Beliebigkeit der Rezipienten unmöglich.<br />

Latenz als unbewusste Bedeutung<br />

Im Abschnitt 8.3 wurden bereits die beiden hauptsächlichen Bedeutungen<br />

beschrieben: latent im Sinne von momentan nicht bewusst und latent im Sinne<br />

von dynamisch-verdrängt-unbewusst. Die psychoanalytische <strong>Interpretation</strong> verlangt<br />

eine spezielle interaktive Deutearbeit. Diese methodologische Sonder-<br />

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