27.11.2012 Aufrufe

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

end Danner, 1998; Schmitz, 1994). Es sind vier Ebenen oder Reflexionsstufen<br />

zu unterscheiden, zwischen denen wir hin- und hergehen können; dazu gehören<br />

auch das Anhalten (Epoché) und das Fortschreiten in abstrahierenden Schritten<br />

(Reduktionen):<br />

1. Die theoretische Welt. Diese übernommene, religiöse, wissenschaftliche oder<br />

anderweitig konstruierte Welt ist mit “Vorurteilen” versehen.<br />

2. Die ursprüngliche Lebenswelt. Dies ist die Welt, die wir vorfinden, in der wir<br />

spontan, unbefangen und naiv (ohne theoretische Voreingenommenheiten)<br />

und mit einem offenen Horizont existieren. Die natürliche Einstellung zu dieser<br />

primären, vor-wissenschaftlichen, a-theoretischen Welt gilt es aufzudekken<br />

und in den phänomenologischen Untersuchungen zu nutzen.<br />

3. Die phänomenologische Einstellung. Hier kann das reflektierende Subjekt<br />

(Husserl: das “phänomenologisierende Ich”) unbeteiligter Zuschauer sein<br />

und die psychischen Akte wie Wahrnehmen, Erinnern, Vorstellen “systematisch<br />

enthüllen und beschreiben” und so durch eidetische Reduktion zur Wesensschau,<br />

d. h. zum Invarianten, Allgemeinen, eben dem Wesen des (Bewusstseins-)<br />

Gegenstandes gelangen.<br />

4. Die transzendentale Reduktion. Auf dieser letzten Reduktionsstufe wird ein<br />

Bezug zwischen dem Ich, der Welt und einer transzendentalen Subjektivität<br />

hergestellt – dies ist Husserls Versuch einer universalen Ontologie.<br />

Bei der eidetischen Reduktion und Wesensschau soll das reflektierende Subjekt<br />

unbeteiligter Zuschauer sein und die psychischen Akte (Wahrnehmen, Erinnern,<br />

Verstehen usw.) systematisch enthüllen und beschreiben: “Mit Staunen war zu<br />

beobachten, welche unermeßliche Mannigfaltigkeit von Differenzen im innersten<br />

Leben rein intuitiv hervortritt und einer streng wissenschaftlichen Arbeit zugänglich<br />

wird, wenn man nur den Mut hat, ganz ausschließlich in einer konsequent<br />

durchgeführten Innenschau das Bewußtsein selbst zu befragen und ihm<br />

gewissermaßen zuzusehen, wie es das Bewußtwerden solcher Gegenstände<br />

zustandebringt, wie es in sich selbst als Objektivität leistendes Bewußtsein aussieht.”<br />

(Husserl, 1968, S. 28).<br />

Dieser Teil von Husserls Werk scheint, auch wenn er es nicht in umfassender<br />

Weise durchgeführt hat, eine Konzeption und Anleitung für empirische Arbeiten<br />

zu sein. Phänomenologie ist die Bezeichnung für das philosophische System und<br />

für die Arbeitsmethode. Tatsächlich hatte diese Sichtweise, speziell die Phänomenologie<br />

der ursprünglichen Lebenswelt, einen großen Einfluss auf viele Autoren<br />

bzw. Arbeitsrichtungen. Dennoch muss deutlich zwischen Husserls Phänomenologie<br />

als Philosophie und der phänomenologischen Orientierung empirischer<br />

Untersuchungen (siehe unten) unterschieden werden.<br />

324

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!