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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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versale Bedingungen der Handlungen erfassen. Diese sozialen Strukturgesetzlichkeiten<br />

wirken unabhängig vom Bewusstsein der handelnden Personen,<br />

können aber vom Bewusstsein her rekonstruiert werden. Die Methodik hierfür<br />

wird als “objektive” Hermeneutik bezeichnet. Dieses Verfahren soll die “grundlegende<br />

Operation des Messens bzw. der Erzeugung theorierelevanter Daten” im<br />

Bereich der Sozialwissenschaften sein (1979, S. 352).<br />

Der Begriff Text umfasst hier alle natürlichen Handlungen von Subjekten und das<br />

objektivierte Handeln in Form von Schriften und Werken. Durch die objektiv-hermeneutische<br />

<strong>Interpretation</strong> soll aus einem Textprotokoll die Struktur des sozialen<br />

Handelns rekonstruiert werden. Die im Text gegebenen Bedeutungsstrukturen und<br />

latenten Sinnstrukturen werden nicht aus der Konzeption der Intentionaliät und<br />

Subjektivität des Menschen (“als subjektives Meinen der Akteure”) abgeleitet, sie<br />

sind vielmehr im praktischen gesellschaftlichen Handeln der Subjekte fundiert.<br />

Oevermann et al. folgen hier weitgehend Meads (1980) Theorie der Bedeutungen.<br />

Die Bedeutungen einer Handlung werden durch ein Regelsystem geschaffen,<br />

welches objektiv und als kulturell Allgemeines, d. h. unabhängig von den<br />

Intentionen des Subjekts, existiert. Menschen werden durch ihre Sozialisation in<br />

dieses System von Handlungsregeln (Sprache, Interaktionsbeziehungen usw.)<br />

eingebunden. Den Subjekten wird zwar ihre Intentionalität nicht abgesprochen,<br />

doch kommt es hier fundamental auf das idealisierte, konstruierte Regelsystem<br />

des verallgemeinerten Anderen (generalized other) an. Dies gilt auch im kleinsten<br />

Detail: So ist im Protokoll einer Interaktionssequenz jeder einzelne Sprechakt<br />

durch ein System phonologischer, grammatikalischer, semantischer und<br />

pragmatischer Regeln gesteuert. Die objektive Hermeneutik soll die Bedeutungsstrukturen<br />

der zugrundeliegenden Handlungen und Handlungsprobleme rekonstruieren.<br />

Sie stützt sich dabei erstens auf die Erinnerung und die Auslegung der<br />

vergangenen Handlungen eines Subjektes und zweitens auf die Kompetenzen,<br />

die eben durch die Einbeziehung in das universelle Regelsystem gegeben sind.<br />

Schritte der objektiv-hermeneutischen <strong>Interpretation</strong><br />

Bestimmung der Fallstrukturebene:<br />

Da jedes Handlungsdatum auf verschiedene Ebenen verweist, ist zunächst<br />

das für die Fallstruktur wichtige soziale Gebilde (Person, Gruppe, Institution<br />

usw.) festzulegen. Das Handlungszentrum (Handlungsproblem) ist jeweils<br />

durch das Handeln (“die Interakte”) konkreter Subjekte realisiert.<br />

Sequentielle Grobanalyse:<br />

Die objektiven Probleme im konkreten Handlungszentrum werden rekonstruiert,<br />

wobei in einem ersten Schritt “gedankenexperimentell” am ganzen<br />

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