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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Der Ansatz der objektiven Hermeneutik hat eine eigene Terminologie, die<br />

manchmal den Blick auf die wesentlichen Entsprechungen zur traditionellen<br />

Hermeneutik und zur empirischen Psychologie verstellen könnte. Das zentrale<br />

Methodenproblem ist die gedankliche und erzählerische Produktion der “Klassen<br />

passender Handlungskontexte” für ein Interakt bzw. von “Klassen passender<br />

Handlungen” für einen konkreten Kontext. Wie wird entschieden, ob sich eine<br />

Handlung oder eine Äußerung in einen Kontext pragmatisch, konsistent und korrekt<br />

einfügt? Die Beispiele in den Veröffentlichungen dieser Arbeitsrichtung<br />

haben eher eine illustrierende als eine empirisch belegende Funktion. Deswegen<br />

ist kaum einzuschätzen, was eine Evaluation unabhängig durchgeführter Analysen<br />

ergeben könnte. Die grundsätzlichen methodischen Schwierigkeiten liegen<br />

ja nicht so sehr in der heuristischen, divergenten Produktion. Wie sollen aber<br />

intersubjektiv nachvollziehbare Entscheidungen für bestimmte Passungen im<br />

Detail, und hier zusätzlich noch in der adäquaten Generalisierung auf die<br />

Sozialstruktur, gewonnen werden? Wie kann die Behauptung, die “objektive<br />

Sinnstruktur” eines Textes zu erschließen, eingelöst werden? Wegen der Forderung,<br />

die möglichen Intentionen (Motive) der Sprecher und Hörer sowie die<br />

objektiven Konsequenzen des Gesprächs in Feinanalysen auszuarbeiten, ist das<br />

Verfahren extrem zeitaufwendig. Über Einzelfallstudien hinaus wird kaum eine<br />

breitere empirische Basis zu erreichen sein.<br />

Protokollanalyse, Sprachprotokollanalyse, Konversationsanalyse,<br />

Diskursanalyse, Ethnomethodologie<br />

Diese Begriffe bezeichnen textanalytische Verfahren, die zwar oft verschiedene<br />

Akzente aufweisen und unterschiedlichen Zwecken dienen, aber viele Gemeinsamkeiten<br />

mit der geschilderten strukturalen Textanalye oder den anderen<br />

Ansätzen der Textanalyse aufweisen (siehe auch Brüsemeister, 2000; Denzin &<br />

Lincoln, 2000; Eberle, 1997; Ericson & Simon, 1993; Flick, 1996; Jüttemann,<br />

1985; Mayring, 1997; Merten, 1983; Patzelt, 1987; Richardson, 1996; Tedlock,<br />

2000; Wengraf, 2001).<br />

Erzählverfahren und Narratives Interview<br />

Erzählungen haben viele Absichten und viele Formen. Wer einer Erzählung zuhört,<br />

kann zu erkennen versuchen, ob dem Erzähler und dem Hörer eine bestimmte<br />

Position zugeschrieben und wie die Welt repräsentiert wird. Hier ist eine von<br />

Ruthrof (1981) aufgestellte Typologie mit 18 Positionen interessant, obwohl sie<br />

nicht für gewöhnliche Gespräche, sondern für erdachte Erzählungen (fictional narratives)<br />

gilt: u. a. Mythos, Parabel, Märchen, Heiligenlegende, Prophezeiung,<br />

Allegorie, Mitteilung einer Idee, Konfession, objektiver Bericht, unzuverlässige<br />

Erzählung, Rätsel, Scherz, Satire, unwissende Erzählung, behinderte Erzählung,<br />

Erzählung als Aufschrei oder als Bericht über menschliche Entwürdigung.<br />

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