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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Beiträge zur <strong>Interpretation</strong>slehre<br />

Aussagen und Untersuchungsergebnisse zu interpretieren, ist eine fundamentale<br />

Aufgabe in der Forschung und Praxis der Psychologie – wie in den meisten anderen<br />

wissenschaftlichen Disziplinen. Eine für diese Zwecke geeignete allgemeine<br />

<strong>Interpretation</strong>slehre und ein Lehrbuch mit geeigneten Anleitungen und Übungen<br />

gibt es nicht. Im Curriculum des Diplom-Studiengangs Psychologie ist dieser<br />

Bereich der Methodik gegenwärtig stark vernachlässigt.<br />

In der Tradition der <strong>Interpretation</strong>slehre dominieren, die universelle Hermeneutik<br />

und die phänomenologische Orientierung, die sich auf fundamentale<br />

philosophische, d. h. ontologische und transzendentalphilosophische Überzeugungen<br />

zurückführen lassen. Begriffe wie Verstehen, Sinn, Wahrheit, Geist,<br />

Subjekt und Welt haben dort ihren Platz. Diese Begriffe sind jedoch durch ihre<br />

Tradition und durch uferlose Kontroversen so belastet, dass sie keinen prägnanten<br />

Bezugsrahmen für die Methodologie einer empirischen Disziplin geben<br />

können.<br />

Hier wird ein nüchterner Begriff von <strong>Interpretation</strong> als Übersetzung und Beziehungsstiftung<br />

bevorzugt.<br />

<strong>Interpretation</strong> ist Übersetzung und dadurch ein Herstellen von<br />

Beziehungen/Zusammenhängen zwischen sprachlichen Aussagen oder zwischen<br />

sprachlichen Aussagen und Phänomenen, d. h. Erfahrungen oder Sachverhalten.<br />

Der <strong>Interpretation</strong>sprozess hat zwei wesentliche Anteile: Heuristik und<br />

methodenkritische Prüfung der Übersetzungen.<br />

<strong>Interpretation</strong> wird dem Begriff Hermeneutik vorgezogen, denn Hermeneutik<br />

haftet immer noch der oft nur unterschwellige Beiklang an, dass es auf<br />

die Auslegung und das verbindliche Sinn-Verstehen der göttlichen<br />

Offenbarung oder einer tiefen philosophischen Wahrheit oder der eigentlichen<br />

Absicht des Autors ankäme.<br />

Von qualitativer Methodik zu sprechen, wäre sehr missverständlich, weil<br />

damit ein untergeordneter Aspekt der Auswertungsverfahren überbetont<br />

würde. Auch Zahlen müssen interpretiert werden. Außerdem hat “qualitativ”<br />

den unpassenden Beiklang, etwas besseres zu sein als andere Verfahren.<br />

Die Tradition der theologischen und geisteswissenschaftlichen Hermeneutik und<br />

die phänomenologisch orientierten Ansätze sind weiterhin in einigen Aspekten<br />

und Begriffen der allgemeinen <strong>Interpretation</strong>slehre gegenwärtig.<br />

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