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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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grundsätzlich als revisionsfähig angesehen werden. Deshalb wird jegliche<br />

Sonderstellung der Hermeneutik, d. h. die Behauptung eines eigenständigen<br />

Erkenntniszuganges und das Postulat einer besonderen Art “hermeneutischer<br />

Wahrheit” (Evidenz) zurückgewiesen. Vielleicht klingt in der betonten Ablehnung<br />

einer Sonderstellung der Hermeneutik noch die Kritik an dem ursprünglichen theologisch-dogmatischen<br />

Wahrheitsanspruch der Hermeneutik an.<br />

Der schwierige Begriff Wahrheit wird im kritischen Rationalismus durch<br />

Konzeptionen der Aussagenprüfung ersetzt. Konventionen regeln die kritischen<br />

Prüfungen anderer Wissenschaftler und die Beschlussfassung. Hält ein<br />

Lösungsversuch stand, so wird er vorläufig akzeptiert, d. h. als wichtig angesehen,<br />

um weiter diskutiert und kritisiert zu werden. Die Bewährung einer Theorie<br />

ist demnach ein Bericht über die Art, wie eine Theorie ihre Prüfungen bestanden<br />

hat und wie streng diese waren. Sicheres Wissen ist nicht möglich, dennoch ist<br />

eine Annäherung an Wahrheit durch Eliminierung von Irrtümern im Zuge der<br />

kritischen Prüfungen erreichbar.<br />

Popper hat seine Auffassungen vor allem im Hinblick auf die Physik und andere<br />

Naturwissenschaften entwickelt. Eine uneingeschränkte Übertragung auf die<br />

Psychologie, die sich mit dem Verhalten und den Auskünften über innere<br />

Zustände befasst, ist unmöglich. Auskünfte über solche inneren Prozesse sind<br />

grundsätzlich nicht falsifizierbar. So bleibt – je nach der bevorzugten Definition<br />

von “Wissenschaft” – nur die Wahl zwischen den Alternativen: diese Auskünfte<br />

über innere Prozesse werden aus der wissenschaftlichen Psychologie ausgeklammert<br />

oder es werden auch schwächere Bestätigungsweisen als die intersubjektiv<br />

prüfbaren Beobachtungen zugelassen. In der Methodik der Psychologie<br />

sind verschiedene Typen der Bestätigung (Konfirmation) solcher “inneren Sachverhalte”<br />

entwickelt worden (siehe unten).<br />

Auch Stegmüller (1973) kritisierte die Auffassung, dass es eine besondere und<br />

von den Naturwissenschaften völlig verschiedene oder sogar überlegene<br />

Methode der Erkenntnis durch Verstehen oder einfühlendes Verstehen gibt. Aus<br />

seiner Sicht hat Wissenschaft in dem Prinzip der empirischen Prüfung eine einheitliche<br />

Methodik. Aus dieser Überzeugung stammen die drei formalen<br />

Bedingungen der Wissenschaftlichkeit, d. h. der rationalen Suche nach Wahrheit.<br />

1. Bemühen um sprachliche Klarheit (intersubjektive Verständlichkeit);<br />

2. Möglichkeit der Kontrolle durch andere Wissenschaftler mit einem analogen<br />

wissenschaftlichen Training (Nachvollziehbarkeit, Analysierbarkeit<br />

der Äußerungen und Evidenzen, intersubjektive Nachprüfbarkeit);<br />

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