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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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hens überhaupt – auch im Kontrast zu naturwissenschaftlich geprägten Auffassungen<br />

hinsichtlich “Wahrheit und Methode” (siehe Gadamer, 1990). Dieses<br />

philosophische Denken hat nur wenig direkten Bezug zu den praktischen<br />

Fragen einer adäquaten Methodik empirischer Disziplinen und Fragestellungen.<br />

Unter dem Einfluss dieser philosophischen Hermeneutik gab es jedoch eine bis<br />

heute andauernde Diskussion über das hermeneutische Verstehen und über<br />

Hermeneutik als selbstreflexiven Prozess. Aus dieser abstrakten Sichtweise wurden<br />

die möglichen Konsequenzen für das Verstehen in Alltag und Wissenschaft<br />

und damit auch Grundpositionen für eine <strong>Interpretation</strong>slehre entwickelt (zur<br />

Geschichte, Verfassung und Kritik des hermeneutischen Verstehens siehe auch<br />

Albert, 1994; Danner, 1998; Diemer, 1977; Gadamer, 1990; Grondin, 2001a,<br />

2001b; Schmidt, 1995; Seiffert, 1992; Soeffner & Hitzler, 1994; Stegmüller,<br />

1970).<br />

Phänomenologie<br />

Auch die Phänomenologie im Sinne von Husserl ist Philosophie. Grundlegend<br />

war hier der Begriff der Intentionalität. Für Brentano war es das Hauptmerkmal<br />

des Psychischen, dass das Bewusstsein immer auf etwas gerichtet ist. “Jedes psychische<br />

Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des<br />

Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes<br />

genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken,<br />

die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Object (worunter hier nicht<br />

eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen<br />

würden. Jedes enthält etwas als Object in sich, obwohl nicht jedes in gleicher<br />

Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urtheile ist etwas anerkannt<br />

oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren<br />

begehrt usw.” (Brentano, 1874/1924 S. 124).<br />

Der Begriff “Intentionalität“ erwies sich als ein schwieriger philosophischer<br />

Begriff. Die “intentionalen Gegenstände” existieren nicht außerhalb, sondern<br />

ausschließlich im Intellekt (deswegen mentale Inexistenz) und sie sind als psychische<br />

Phänomene auf einen Gegenstand bezogen. Die Analyse der<br />

Bewusstseinsgegebenheiten unter dieser Perspektive ist folglich die primäre und<br />

originäre Erkenntnisquelle.<br />

Husserl nahm diese Gedanken, aber auch Anregungen der zeitgenössischen<br />

Psychologie auf und entwickelte seine Phänomenologie als Erkenntnissystem.<br />

Später ersetzte er seinen früheren Begriff “deskriptive Psychologie” durch<br />

“Phänomenologie” und betonte nach seiner “transzendentalen Wende”, dass Phänomenologie<br />

in keiner Weise Psychologie sei.<br />

Husserls Werk enthält Analysen, wie der phänomenologische Erkenntnisprozess<br />

über mehrere Stufen der Reduktion (Rückführung) zu leiten ist (einfüh-<br />

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