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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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pretation entsteht also in der Kommunikation und gemeinsamen Deutearbeit im<br />

gesamten psychoanalytischen Prozess.<br />

Traumsymbole<br />

Aus Freuds Sicht lassen sich einige Traumbilder bzw. Objekte häufig als Zeichen<br />

für die Geschlechtsorgane und den Geschlechtsverkehr deuten. Er hat solche<br />

Deutungen vorgenommen, doch wären die auch heute noch in populären Traumbüchern<br />

zu findenden Listen solcher Bedeutungen nicht ganz in seinem Sinn.<br />

Mehrere Autoren veröffentlichten, in z. T. sehr ausführlicher Weise, lange<br />

Aufstellungen von Traumsymbolen bzw. von Bildern, die häufig in Traumberichten<br />

vorkommen (Flöttmann, 1998; Siebenthal, 1953). Es gibt auch populäre<br />

Lexika der Traumsymbole (z. B. Ball, 1997, Harnisch, 2000). Diese Themen<br />

und Assoziationen mögen <strong>Interpretation</strong>en anregen, verleiten aber zu einer<br />

mechanischen Übersetzung und Überinterpretation von “Symbolen”. Bereits<br />

Artemidor (zit. n. J. A. Hall, 1982), im 2. Jahrhundert nach Christus, hatte betont,<br />

dass der Kontext des Träumers eine wichtige Rolle spielt. Bei einer “lexikalischen”<br />

Symbolübersetzung durch Anwendung solcher Listen von Traumbedeutungen<br />

fehlte auch der gesamte Prozess der psychoanalytischen Konstruktion.<br />

Die <strong>Interpretation</strong> geschieht dann ohne die wichtige Überprüfung der<br />

Deutehypothese aufgrund der spontanen Einfälle und der Reaktionen des Träumers<br />

auf diese versuchsweise Deutung. Deswegen hatte Freud diese “Chiffriermethode”<br />

mit fixer, wörterbuchartiger Übersetzung eines Symbols zurückgewiesen<br />

und später auch Stekels oft verblüffende, aus der Intuition gewonnenen<br />

Symboldeutungen kritisiert.<br />

Freuds Träume<br />

Eine offensichtlich große Bedeutung für die Entwicklung von Freuds Traumtheorie,<br />

aber auch für seine Selbstanalyse zwischen 1895 und 1900, hatte sein<br />

Traum “Irmas Injektion”. Er träumte ihn in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni<br />

1895, d. h. fünf Jahre vor der Publikation seiner “Traumdeutung”.<br />

“Eine große Halle – viele Gäste, die wir empfangen. – Unter ihnen Irma, die<br />

ich sofort beiseite nehme, um gleichsam ihren Brief zu beantworten, ihr Vorwürfe<br />

zu machen, dass sie die “Lösung” noch nicht akzeptiert. Ich sage ihr: wenn du<br />

noch Schmerzen hast, so ist es wirklich deine Schuld. – Sie antwortet: Wenn Du<br />

wüßtest, was für Schmerzen ich jetzt habe, im Hals, Magen und Leib, es schnürt<br />

mich zusammen. – Ich erschrecke und sehe sie an. Sie sieht bleich und gedunsen<br />

aus; ich denke, am Ende übersehe ich da noch etwas Organisches. Ich nehme sie<br />

zum Fenster und schaue ihr in den Hals. Dabei zeigt sie etwas Sträuben wie die<br />

Frauen, die ein künstliches Gebiß tragen. Ich denke mir, sie hat es doch nicht<br />

nötig. – Der Mund geht dann auch gut auf, und ich finde rechtens einen großen<br />

Fleck, und anderwärts sehe ich an merkwürdigen krausen Gebilden, die offenbar<br />

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