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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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ale Zustimmung (“Aha”-Erlebnis) oder emotionaler “Widerstand” gegen diese<br />

Deutung. Ein wichtiges Indiz kann die “Mitsprache des Symptoms” sein. Die<br />

Aktualisierung eines Konflikts verursacht eine Verschlimmerung der Symptomatik.<br />

Freud schrieb: “Ist die Konstruktion falsch, so ändert sich nichts beim Patienten,<br />

wenn sie aber richtig ist oder eine Annäherung an die Wahrheit bringt, so<br />

reagiert er auf sie mit einer unverkennbaren Verschlimmerung seiner Symptome<br />

und seines Allgemeinbefindens.” ... “Nur die Fortsetzung der Analyse kann die<br />

Entscheidung über Richtigkeit oder Unbrauchbarkeit unserer Konstruktion bringen.<br />

Wir geben die einzelnen Konstruktionen für nichts anderes aus als für eine<br />

Vermutung, die auf Prüfung, Bestätigung oder Verwerfung wartet. Wir beanspruchen<br />

keine Autorität für Sie, fordern vom Patienten keine unmittelbare<br />

Zustimmung, diskutieren nicht mit ihm, wenn er ihr zunächst widerspricht. Im<br />

Laufe der Begebenheiten wird alles klar werden.” (1937, GW XVI, S. 52).<br />

Dieses Prinzip der empirischen Überprüfbarkeit von Deutehypothesen macht<br />

die methodologische Sonderstellung der psychoanalytischen <strong>Interpretation</strong> aus<br />

(siehe auch Perrez “Ist die Psychoanalyse eine Wissenschaft?”, 1972).<br />

Konvergenz und Konsens der <strong>Interpretation</strong>sgemeinschaft<br />

Die Dynamik des <strong>Interpretation</strong>sprozesses ist oft ein besonderes Phänomen. In<br />

diesem Prozess kann es gelingen, einander die Entwicklung von den ersten<br />

<strong>Interpretation</strong>sansätzen zu den umfassenden Konstruktionen durchsichtig zu<br />

machen und zugleich deren Überzeugungskraft zu bewerten. Als Ergebnis kann<br />

vielleicht ein Konsens, also eine weitgehende Übereinstimmung in den wichtigsten<br />

Aspekten erreicht werden. Aber wie sind Konvergenz (Zusammenlaufen)<br />

und Konsens (Übereinstimmung) festzustellen?<br />

<strong>Interpretation</strong>stiefe und <strong>Interpretation</strong>sdivergenz<br />

Eine <strong>Interpretation</strong> kann eine größere Tiefe erreichen, wenn sie vielfältige<br />

Bedeutungen der Wörter (Konnotationen) und Kontexte einbezieht. In heuristischer<br />

Weise sind latente Bedeutungen zu erschließen und mit “tiefenpsychologischer”<br />

Methodik vielleicht auch verborgene, unbewusste Tendenzen. Je weiter<br />

die Kontexte und je tiefer die Bedeutungen gesucht werden, desto eher werden<br />

in der Regel die Ergebnisse verschiedener Interpreten von einander abweichen.<br />

Zwischen der <strong>Interpretation</strong>stiefe und der zunehmenden <strong>Interpretation</strong>sdivergenz<br />

besteht ein Zusammenhang.<br />

Empirische Bestätigungsmöglichkeiten<br />

Die kritische Diskussion in der <strong>Interpretation</strong>sgemeinschaft könnte das<br />

Evidenzgefühl des Interpreten in Frage stellen, wenn neue Konstruktionen<br />

gefunden werden, die einen größeren <strong>Interpretation</strong>skonsens erreichen. Diese<br />

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