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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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Operationen auf Ordinalskalen (größer – kleiner Relation) möglich sind.<br />

Dagegen wäre es für die Mehrzahl inhaltsanalytischer Merkmale sehr zweifelhaft,<br />

Intervallskalen zu unterstellen.<br />

Die Gegenüberstellung von quantitativer Inhaltsanalyse und qualitativer Inhaltsanalyse<br />

ist aus mehreren Gründen missverständlich und unzureichend. In<br />

vielen neueren Publikationen wurde inzwischen wieder die wechselseitige<br />

Ergänzung bzw. die notwendige Methodenkombination und Überwindung dieser<br />

häufig zu oberflächlich verwendeten Begriffe betont (z. B. Kelle &<br />

Erzberger, 1999, 2000; Hoffmeyer-Zlotnik, 1992; Tashakkori & Teddlie, 1998;<br />

Schwandt, 2000; siehe auch Bortz & Döring, 2002; Kerlinger & Lee, 2000).<br />

Aus dem Begriffspaar quantitativ – qualitativ zwei grundverschiedene Paradigmen<br />

ableiten zu wollen, ist unergiebig. Zwei andere Entscheidungen sind<br />

vorrangig.<br />

Sollen die einzelnen <strong>Interpretation</strong>en zu Typisierungen und Generalisierungen<br />

führen oder erschöpft sich die Arbeit in einer Kasuistik und singulären<br />

Darstellung ohne jede darüber hinausgehende Absichten? Eine Zusammenfassung<br />

von Einzelbefunden verlangt offensichtlich, Häufigkeiten zu erfassen,<br />

Vergleichsurteile zu treffen. Die Beschränkung auf Nominal- und Ordinalskalen<br />

würde solche verallgemeinernden Schlussfolgerungen sehr erschweren.<br />

Soll nur der manifeste Text in seinen relativ allgemeinverständlichen denotativen<br />

Bedeutungen ausgewertet werden oder sollen auch die konnotativen<br />

Bedeutungen und latenten Beziehungen interpretiert werden? Die Tiefe der<br />

<strong>Interpretation</strong> ist offensichtlich nicht als Dichotomie (quantitativ versus qualitativ),<br />

sondern als Kontinuum von Möglichkeiten aufgrund einer Selektion von<br />

Kontexten zu beschreiben. Wie konvergent und intersubjektiv überzeugend kann<br />

dieser Spielraum genutzt werden und wie divergent, singulär und spekulativ sind<br />

die Ergebnisse? Quantitativ darf nicht mit denotativ und manifest gleichgesetzt<br />

werden, qualitativ nicht mit konnotativ und latent.<br />

Diese Kontroverse, ob für Psychologie und Sozialwissenschaften qualitative<br />

Auswertungen “besser” geeignet sind als quantitative Ansätze, wurde hier referiert,<br />

weil sie sich bis heute durch viele Veröffentlichungen hindurchzieht und<br />

fast zur Floskel geworden ist. Die Bezeichnung “qualitativ” und die damit verbundene<br />

Kontroverse sind unproduktiv und hinderlich.<br />

Die viel wichtigere Frage der noch erreichbaren Konvergenz und der nicht<br />

mehr vertretbaren Divergenz von Verständnissen auf Berelsons “Kontinuum” ist<br />

dagegen in der “qualitativen” Richtung empirisch nahezu unbearbeitet geblieben.<br />

Die Rechtfertigung durch kritische Prüfung der empirischen Ansätze und<br />

geeignete Methodenstudien befindet sich vielfach noch in den Anfängen (siehe<br />

Kapitel 8 und 9).<br />

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