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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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sich als psychophysisches System entwickelt und sich in der Interaktion mit der<br />

objektiven und sozialen Umwelt organisiert.<br />

Allgemeine Entwicklungsaufgaben<br />

Die Persönlichkeitsentwicklung kann unter der Perspektive der Entwicklungsaufgaben<br />

und der Übergangsphasen zwischen Lebensaltern beschrieben werden.<br />

Typische Entwicklungsaufgaben, mit denen sich Menschen auseinandersetzen müssen,<br />

sind z. B. im mittleren Lebensalter: einen Partner finden, lernen mit diesem<br />

zusammenzuleben, sich eine Wohnung einzurichten, das Großziehen der Kinder,<br />

das Aus-dem-Hause-Gehen der Kinder, Verantwortung als Eltern und Bürger zu<br />

praktizieren (developmental tasks, Havighurst, 1953, in Anlehnung an Erikson und<br />

Bühler u. a.). Es werden zwar keine festen Entwicklungsnormen behauptet, doch<br />

zeichnen sich typische Herausforderungen ab, so dass systematisch nach Bewältigung<br />

und neuer Anpassung sowie nach Einschnitten und Krisen zu fragen ist.<br />

Typische Transitionsphasen sind u. a.: von der Jugend zum Erwachsenenalter,<br />

die sog. Midlife Crisis, die Pensionierung und der Übergang ins Alter mit der<br />

Entwicklungsaufgabe “was mache ich mit dem Rest meines Lebens” (transition<br />

phase, Levinson, 1978; siehe auch Baltes, 1990; B. <strong>Fahrenberg</strong>; 1985, 1986;<br />

Kruse & Schmitz-Scherzer, 1995; Steinberg, 1981).<br />

Kritische Lebensereignisse<br />

In jedem Lebenslauf kommen schwierige Herausforderungen, tiefgehende Erlebnisse,<br />

Einschnitte und Krisen vor. Die Psychologie der kritischen Lebensereignisse<br />

befasst sich mit der Häufigkeit solcher Geschehnisse und individuellen Formen der<br />

Bewältigung solcher Belastungen. Zeitweilig wurden in der Stress-Forschung speziell<br />

konstruierte Fragebogen eingesetzt, um das Vorkommen von kritischen<br />

Lebensereignisse (Life events) auf standardisierte Weise zu erfassen (Social<br />

Readjustment Rating Scale SRRS, Holmes & Rahe, 1967). Die individuellen<br />

Angaben wurden nach einem Punkteschema gewichtet und addiert. Für die Auswertung<br />

wurden statistische Normen aus einer größeren Umfrage abgeleitet. Die<br />

Befragten sollten sich bestimmte belastende Ereignisse vorstellen und auf einer<br />

Skala von 1 bis 100 (Tod eines nahen Angehörigen) einstufen.<br />

Beim Gebrauch dieses Fragebogens, der jeder biographischen Sicht fremd<br />

erscheinen muss, wurden die Defizite bald deutlich. Der individuelle Kontext und<br />

die persönliche Bewertung dieser kritischen Lebensereignisse waren für eine valide<br />

<strong>Interpretation</strong> unerlässlich (Filipp, 1981; Stegie, 1980). Bei einem biographischen<br />

Interview kommen in der Regel bereits im narrativen Teil solche kritischen<br />

Lebensereignisse vor, und viele der explorierenden Fragen werden sich dann auf<br />

diese Ereignisse beziehen. Wie wurden die Ereignisse damals bewertet und wie aus<br />

heutiger Sicht? Auch wäre danach zu fragen, ob diese Ereignisse von äußeren<br />

Anlässen bestimmt waren, plötzlich und schicksalhaft kamen oder durch eigenes<br />

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