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Psychologische Interpretation. - Jochen Fahrenberg

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lich etwas voraus. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich einen älteren<br />

Bruder hatte, der mich immer mitgezogen hat .”<br />

Beziehung zum Bruder<br />

Anna beschreibt die Beziehung zu ihrem älteren Bruder durchgängig als<br />

besonders innig: “Da haben meine Eltern etwas richtig gemacht.” Einerseits<br />

nimmt sie Thomas als ähnlich wahr: “Wir sehen etwas und denken das gleiche.<br />

Es ist uns schon oft passiert, dass wir im gleichen Moment das Gleiche sagen<br />

wollten. Das ist manchmal richtig unheimlich, wie ähnlich wir uns in unserem<br />

Denken sind.” Andererseits betont sie ihre Verschiedenheit indem sie sagt:<br />

“Zusammen wären wir der perfekte Mensch.” Anna schwankt in ihren<br />

Schilderungen zwischen einer Vorstellung von Komplementarität bzw. Identität<br />

ihrer Personen.<br />

Beziehung zu den Eltern<br />

“Was ich im nachhinein an meinen Eltern gut finde, ist die Art und Weise wie sie<br />

meinen Bruder und mich erzogen haben. Sie haben uns mit ihrem gesunden<br />

Menschenverstand erzogen und versucht, uns Verantwortungsgefühl und<br />

Bescheidenheit zu vermitteln. Dabei hattest du immer das Gefühl, es gut zu<br />

haben. Ich habe zum Beispiel nie gedacht, dass meine Eltern ungerecht sind und<br />

meinen älteren Bruder bevorzugen. Du wusstest immer ganz genau, woran du<br />

bist. Es gab natürlich strenge und weniger strenge Jahre. Als wir noch kleiner<br />

waren, gab es in unserer Familie vor Weihnachten immer eine Art Spiel. Wenn<br />

du zum Beispiel im Garten geholfen hattest, bekamst du dafür einen roten Punkt<br />

und damit ein Weihnachtsgeschenk mehr. Wenn du dich hingegen daneben<br />

benommen hattest, bekamst du dafür einen schwarzen Punkt und damit ein<br />

Geschenk weniger. Die Punkte wurden dann vor Weihnachten verrechnet, und<br />

meistens hattest du mehr schwarze Punkte. Mir ist erst im Pädagogikstudium<br />

bewusst geworden, dass das Spiel im Grunde ein Belohnungssystem war.”<br />

Annas Überlegungen bezüglich des Erziehungsverhaltens ihrer Eltern münden<br />

schließlich in eine Reflexion über ihre Eltern.<br />

Mutter: “Meine Mutter hatte immer Zeit und wenn sie einmal keine hatte, hat<br />

sie immer gesagt: Jetzt habe ich keine Zeit, aber heute Abend. Meine Mutter ist<br />

immer für das Praktische da gewesen: Arzttermine vereinbaren, Telefonate<br />

führen, Kinder abholen usw. Ich habe mich immer mehr zu ihr hingezogen<br />

gefühlt, als zu meinem Vater. Ich sehe auch so aus wie sie, bin aber eher wie mein<br />

Vater. Aber eigentlich bin ich ein Zwischenmensch.”<br />

Vater: “Mein Vater ist nicht so gesprächig wie meine Mutter, er ist eher naturwissenschaftlich-physikalisch<br />

und nicht so für das Praktische. Arzttermine lässt<br />

er lieber von meiner Mutter machen. Er kann einfach nicht so gut telefonieren<br />

wie meine Mutter. Dafür kann er aber alles erklären, wesentlich besser als sie.<br />

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