peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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Endzeit-F<strong>und</strong>amentalismus völlig fern. Er verlangt vielmehr ohne<br />
Aufschub das letzte Strafgericht, welches ohne ein „göttliches“ Blutbad<br />
nicht zu haben ist.<br />
Für <strong>die</strong>se Ungeduldigen <strong>und</strong> Unduldsamen ist <strong>die</strong> Welt ein „untergehendes<br />
Schiff“. Im eigentlichen Sinn kann man nicht einmal<br />
von Kulturpessimismus sprechen, denn <strong>der</strong> heilsgewisse Gläubige<br />
hat Gott für schlechte Weltnachrichten regelrecht zu danken. Daß<br />
<strong>die</strong> Welt fortschreitend sich zum Schlimmeren entwickelt, ist für den<br />
sogenannten Prämillenarismus ohnehin klar. – Die politische Brisanz<br />
<strong>die</strong>ses religiösen Fatalismus liegt auf <strong>der</strong> Hand. Ronald Reagans<br />
erster Innenminister James Watt glaubte das Jüngste Gericht nahe<br />
<strong>und</strong> lehnte deshalb zum Beispiel „jede Art des Umweltschutzes ab“ 99 .<br />
Während <strong>die</strong> christliche Weltökumene <strong>die</strong> reale Möglichkeit einer<br />
Selbstvernichtung <strong>der</strong> Menschheit als Sünde betrachtet, zu <strong>der</strong> es<br />
nicht kommen darf <strong>und</strong> soll, können f<strong>und</strong>amentalistische US-Apokalyptiker<br />
das nukleare Zerstörungspotential als Erfüllung einer Prophezeiung<br />
begrüßen <strong>und</strong> von einer moralischen Pflicht zum Einsatz<br />
von Atombomben sprechen. 100 Die konkrete Geschichte ist <strong>die</strong>sem<br />
gefährlichen Nihilismus längst gleichgültig geworden. 101 Eine Verwandtschaft<br />
mit den Ansichten des Jesuiten G<strong>und</strong>lach läßt sich kaum<br />
bestreiten. Dieser hatte in seinem bereits zitierten Aufsatz geschrieben:<br />
„Wir haben erstens sichere Gewißheit, daß <strong>die</strong> Welt nicht ewig<br />
dauert, <strong>und</strong> zweitens haben wir nicht <strong>die</strong> Verantwortung für das Ende<br />
<strong>der</strong> Welt.“ Und ähnlich wie <strong>die</strong>ser katholische Theologe konnte auch<br />
ein US-F<strong>und</strong>amentalist erklären, warum eine Totalzerstörung <strong>der</strong><br />
habt mich besucht; ich war im Gefängnis, <strong>und</strong> ihr seid zu mir gekommen.“<br />
Nach <strong>die</strong>sem Entwurf zeigt sich ein zeitenloser Maßstab für Menschen<br />
nicht in spektakulären <strong>und</strong> katastrophalen Geschichtsereignissen, son<strong>der</strong>n<br />
in einer verifizierbaren Menschlichkeit, <strong>die</strong> selbstredend alle Lebensbezüge<br />
betrifft <strong>und</strong> für Kant ausdrücklich nur in einem universellen Kontext als<br />
glaubwürdig galt.<br />
99 Frey 2004, 193. – Dort auch Beispiele seiner unverantwortlichen Politik.<br />
Speziell zur republikanischen Umweltpolitik: ebd., 308-317.<br />
100 Vgl. dazu Darstellung <strong>und</strong> Zitate bei: Scherer-Em<strong>und</strong>s 1989, 80-85.<br />
101 Eine Absage an <strong>die</strong> passive Variante von Endzeit-F<strong>und</strong>amentalismus zu<br />
seiner Zeit hat Dietrich Bonhoeffer formuliert: „Es gibt Christen, <strong>die</strong><br />
glauben an das Chaos <strong>und</strong> an <strong>die</strong> Katastrophe als den Sinn des gegenwärtigen<br />
Geschehens <strong>und</strong> entziehen sich in Resignation <strong>und</strong> frommer Weltflucht<br />
<strong>der</strong> Verantwortung. So soll es nicht bei uns sein. Mag sein, daß <strong>der</strong> Jüngste<br />
Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne <strong>die</strong> Arbeit für eine bessere<br />
Zukunft aus <strong>der</strong> Hand legen, vorher aber nicht.“<br />
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