peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Natur <strong>und</strong> <strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft möglich ist.“ 35 Die christliche<br />
Ökumene möchte erklärtermaßen einen Beitrag dazu leisten,<br />
daß <strong>der</strong> Krieg als Programm <strong>der</strong> Weltordnung im dritten Jahrtausend<br />
ein Ende findet. Dazu bedarf sie keiner weiteren Predigten, <strong>die</strong><br />
zu Geduld <strong>und</strong> Ergebenheit aufrufen. Der Appell muß sich nunmehr<br />
an <strong>die</strong> christliche Praxis selbst richten. Nach sechs Jahrzehnten mit<br />
wie<strong>der</strong>holten Fristabmahnungen an „<strong>die</strong> Politiker“ muß, soll <strong>die</strong><br />
Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel gesetzt werden, das Anliegen einer<br />
Welt ohne Krieg in je<strong>der</strong> Landeskirche <strong>und</strong> jedem Bistum dringlicher<br />
sein als etwa <strong>die</strong> Sorge um den Erhalt kirchlicher Strukturen.<br />
Die Kirchen würden staunen, wie viele Menschen sie in solcher Selbstlosigkeit<br />
fröhlich unterstützen würden.<br />
Die Überlegungen <strong>die</strong>ses Abschnitts möchte ich in einigen Punkte<br />
zusammenfassen, <strong>die</strong> als Reisegepäck <strong>der</strong> Ökumene hilfreich sein<br />
können:<br />
• Christen sollten deutlich machen, daß ihr kritisches Menschenbild<br />
nichts gemeinsam hat mit jener Propaganda vom naturhaft bösen<br />
Menschen, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Welt<strong>krieg</strong>sordnung zugr<strong>und</strong>eliegt. 36 Eine pessimistische<br />
Anthropologie arbeitet für den Krieg. Sie steht dem<br />
christlichen Friedensauftrag ebenso im Weg wie ein billiger – moralistischer<br />
– Optimismus. Im Epheserbrief heißt es: „Auch wir […]<br />
waren von Natur aus Kin<strong>der</strong> des Zorns.“ Der Kontext ist aber<br />
durchaus eine imperialistische Kultur, so daß an <strong>die</strong>ser Stelle keine<br />
zeitlose reine Natur bemüht werden kann. Spätestens seit Pestalozzis<br />
„Nachforschungen über den Gang <strong>der</strong> Natur in <strong>der</strong> Entwicklung<br />
des Menschengeschlechts“ (1797) gibt es genug Anregung, auf ungeschichtliche<br />
Wesensbestimmungen des Menschen zu verzichten. 37<br />
Unsere Kultur verfügt über totale Potenzen (massenkulturelle Sozialmanipulation,<br />
Weltbildproduktion), <strong>der</strong>en Reichweite stetig zunimmt.<br />
Mit ihrer Hilfe züchtet sie eine sek<strong>und</strong>äre Menschennatur,<br />
für <strong>die</strong> Güte zum Fremdwort wird. Christliche Aufklärung muß<br />
darüber orientieren, daß hier mitnichten ewige Naturtatsachen am<br />
Werk sind.<br />
35 Weizsäcker 1986, 48.<br />
36 In seinem Votum für eine neue Friedensdenkschrift <strong>der</strong> EKD schreibt auch<br />
Frey 2003: „Das Menschenbild <strong>der</strong> Bibel ist eben nicht von einer negativen<br />
Anthropologie (Hobbes: homo homini lupus) geprägt <strong>und</strong> auch nicht final<br />
von <strong>der</strong> Erbsünde bestimmt.“<br />
37 Vgl. <strong>die</strong> zahlreichen Bezugnahmen auf Pestalozzi in: Kern/Wittig 1982.<br />
154