peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
auf <strong>die</strong> stete Gefahr <strong>der</strong> Eskalation. 126 Kann unter Güterabwägung<br />
auch ein (vermeintlich) begrenzter Atomwaffeneinsatz in irgendeiner<br />
Situation verantwortbar sein? Die Antwort des Hirtenwortes auf<br />
<strong>die</strong>se zentralen Fragen hat nicht wenige friedensbewegte Christen<br />
empört: „Wir hoffen <strong>und</strong> beten, daß niemals eine Situation eintreten<br />
möge, in <strong>der</strong> irgendjemand vor solche Entscheidungen gestellt<br />
wird.“ Auch Präsident Reagan hat nach eigenem Bek<strong>und</strong>en dafür<br />
gebetet, <strong>die</strong> „schrecklichen Atomwaffen nie einsetzen“ zu müssen.<br />
Franz Alt 127 kommentiert: „Wer dafür betet, daß er ‚schreckliche<br />
Atomwaffen nie einsetzen muß‘, schiebt schließlich <strong>die</strong> Verantwortung<br />
für einen eventuellen Einsatz von Vernichtungswaffen Gott in<br />
<strong>die</strong> Schuhe. Gott als Sündenbock für <strong>die</strong> schrecklichste Tat <strong>der</strong><br />
Menschheitsgeschichte – <strong>und</strong> das Ganze religiös verbrämt! […] Durch<br />
Gebet <strong>die</strong> Gefahr des Atom<strong>krieg</strong>s wegzaubern zu wollen <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
<strong>die</strong> Verantwortung für immer mehr <strong>und</strong> immer bedrohlichere<br />
Massenvernichtungswaffen zu übernehmen, hat viel mit Geisterbeschwörung,<br />
aber nichts mit Jesus von Nazareth zu tun.“ Ähnlich<br />
for<strong>der</strong>t Heinrich Spaemann unter Berufung auf Jesus, „daß Gebet<br />
<strong>und</strong> Kult im Ernstfall nicht zur Kompensation für das hier <strong>und</strong> jetzt<br />
gefor<strong>der</strong>te Tun <strong>der</strong> Liebe werden dürfen.“ 128<br />
Die staatskirchliche <strong>und</strong> <strong>bürger</strong>liche Vergewaltigung des Christentums<br />
möchte <strong>die</strong> Kirche jedoch gerade auf einen Herz-Jesu-Dienst<br />
an <strong>der</strong> sogenannten „Innerlichkeit“ beschränken. 129 Einen Bezug des<br />
„Herzens Jesu“ zu politischen, ökonomischen <strong>und</strong> militärischen Fragen<br />
mögen <strong>die</strong> Ideologen <strong>der</strong> Zwei-Reiche-Lehre seit eh <strong>und</strong> je nur<br />
da dulden, wo er ihnen entgegenkommt. So betonte <strong>der</strong> protestantische<br />
Theologe Adolf von Harnack 1900, nur das Individuum, nicht<br />
aber das Volk o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Staat würden erlöst. Diesem Ausgangspunkt<br />
könnte man noch zustimmen. Die Ausführung verrät aber, woran in<br />
126 Vgl. Reckinger 1984, 118f.<br />
127 Hier zitiert nach: Klüber 1984, 89. – Vgl. Alt 1985 als Plädoyer für eine<br />
Vernunft <strong>der</strong> Bergpredigt im Atomzeitalter.<br />
128 Spaemann 1984, 85.<br />
129 Eicher 1982, 67: „Das Bürgertum beschränkt jede Religion auf Bereiche, <strong>die</strong><br />
den Wirtschaftskampf zumindest nicht zu unterbrechen vermögen: auf <strong>die</strong><br />
Erinnerung an den Stifter, <strong>die</strong> Verinnerlichung von Erlösung <strong>und</strong> auf <strong>die</strong><br />
Hoffnung für ein Jenseits <strong>der</strong> Geschichte. Eine Herrschaft Gottes in den<br />
sozialen <strong>und</strong> ökonomischen Dimensionen <strong>die</strong>ser Geschichtszeit kommt<br />
dafür nicht in Frage. Das Bürgertum braucht <strong>die</strong> Resignation <strong>der</strong> Christen.“<br />
Vgl. ebd, 57-67.<br />
117