peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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Die endgültige Bankrotterklärung des „gerechten Krieges“ hat<br />
sich jedoch nicht erst in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki ereignet. Speziell<br />
das deutsche Kirchentum bei<strong>der</strong> Konfessionen zeigte zuvor im 20.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t keine Scheu, den Drahtziehern von zwei Welt<strong>krieg</strong>en<br />
<strong>und</strong> ihren Militärapparaten den Segen zu erteilen. 52 Deutsche Kriegstheologie<br />
stand im amtlichen Protestantismus des Kaiserreiches zeitweilig<br />
an erster Stelle. Nicht min<strong>der</strong> waren <strong>die</strong> römisch-katholischen<br />
Bischöfe dem protestantischen Kaiser willfährig. Sie stellten sich <strong>der</strong><br />
Weltkirche im heiligen deutschen Krieg so entgegen, wie man es sonst<br />
nur bei den nationalkirchlichen o<strong>der</strong> romfreien (Alt-)Katholiken<br />
wahrhaben wollte. Doch neun Millionen Tote <strong>und</strong> 21 Millionen Verw<strong>und</strong>ete<br />
waren immer noch kein Gr<strong>und</strong> zum Umlernen für ein neues<br />
Handwerk (Jesaja 2,4). Hernach wurden Hitlers Nationalismus <strong>und</strong><br />
Krieg erneut von den Bischöfen bei<strong>der</strong> Konfessionen – den deutschnationalen<br />
Militaristen Bischof Clemens August Graf von Galen 53<br />
52 Zur Unterstützung des Ersten Welt<strong>krieg</strong>s durch <strong>die</strong> deutschen Kirchen vgl.:<br />
Missalla 1968; Hammer 1974; Mommsen 2004, 168-180; Missalla 2004. Zur<br />
Stützung <strong>der</strong> Kriegsführung des Faschismus in Deutschland durch <strong>die</strong><br />
Kirchen vgl.: Missalla 1978 <strong>und</strong> 1997 <strong>und</strong> 2005; Klüber 1984, 111-113;<br />
Denzler 2003; Prolingheuer/Breuer, 2005. – An<strong>der</strong>e Modelle <strong>der</strong> nationenübergreifenden<br />
Ökumene blieben in den Großkirchen unbeachtet. Schon 1914<br />
war aus einer Tagung des „Weltb<strong>und</strong>es für Fre<strong>und</strong>schaftsarbeit <strong>der</strong> Kirchen“<br />
in Konstanz angesichts des drohenden Welt<strong>krieg</strong>es <strong>der</strong> Impuls zu<br />
einem – dann 1919 in den Nie<strong>der</strong>landen gegründeten – Internationalen<br />
Versöhnungsb<strong>und</strong> hervorgegangen. Das bekannte Stuttgarter Schuldbekenntnis<br />
(1945) <strong>der</strong> evangelischen Kirchen nimmt übrigens – genau besehen –<br />
zur Mitschuld <strong>der</strong> Christen an Judenverfolgung <strong>und</strong> Krieg keine Stellung.<br />
53 Über <strong>die</strong> unselige Seligsprechung von Bischof Galen im Oktober 2005<br />
(durch einen deutschen Papst) möchte man nur weinen. Welches Zeichen soll<br />
damit für <strong>die</strong> Aufarbeitung <strong>der</strong> deutschen nationalkirchlichen Sünden <strong>und</strong><br />
für das dritte Jahrtausend gesetzt werden? (Vgl. Missalla 2005, mit zahlreichen<br />
Zitaten zu Nationalismus <strong>und</strong> Militarismus.) In den 80er Jahren bereits<br />
wollte ein Ehepaar aus Frankreich den mutigen Münsteraner Oberhirten<br />
mit einer Biographie ehren <strong>und</strong> wurde dann durch Einblick in <strong>die</strong> deutschnationalistische<br />
bzw. militaristische Seite des Vorbildes tief enttäuscht (vgl.<br />
Sandstede-Auzelle/Sandstede 1986). Aus tiefster Überzeugung wünschte<br />
Bischof Galen für Hitlers Krieg den Sieg. In seinen berühmten Lamberti-<br />
Predigten (1941) hatte von Galen (vielleicht wirklich unter Lebensgefahr!)<br />
unerschrocken gegen den „Euthanasie“-Massenmord an Behin<strong>der</strong>ten<br />
opponiert <strong>und</strong> <strong>die</strong>sen als Tor zur Tötung aller „Unproduktiven“ (z.B. <strong>der</strong><br />
versehrten Kriegsheimkehrer) beschrieben. Der junge Katholik Ferdinand<br />
Vodde, wie Galen aus Dinklage stammend, verteilte (ebenfalls unter<br />
Lebensgefahr) Abschriften <strong>die</strong>ser Predigten unter Wehrmachtssoldaten an<br />
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