peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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Schönheit zurückfinden. Liebe allein rechtfertigt uns, macht uns<br />
„richtig“. Für den leibhaftigen Menschen gilt – natürlich auch außerhalb<br />
<strong>der</strong> christlichen Tradition –: Ohne eigene Liebeserfahrung<br />
<strong>und</strong> erfahrene Annahme kann er kein Liebesgebot erfüllen; ohne<br />
eine innere Geburt <strong>der</strong> Gerechtigkeit (Pestalozzi) <strong>und</strong> eine soziale<br />
Erfahrung des gerechten Umgangs miteinan<strong>der</strong> (Bertolt Brecht) kann<br />
er kein Recht üben.<br />
Lei<strong>der</strong> hat man im Christentum – ausgehend von <strong>der</strong> angeblich<br />
wesenhaften Ver<strong>der</strong>btheit des Menschen – das Recht oftmals nur als<br />
notwendiges Übel angesehen, ohne es als ein Geschenk schätzen zu<br />
lernen: Einzelne können auf übernatürliche Weise zur Tugend erlöst<br />
werden, doch den Rest <strong>der</strong> bösen Menschen muß das Gesetz in<br />
Schach halten (vgl. 1 Timotheus 1,8). Es wird immer nur wenige<br />
„Heilige“ geben, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Zivilisation kann demnach als Ganzes nicht<br />
umkehren. 21 Diese Weise einer negativen Unterscheidung von „Gesetz<br />
<strong>und</strong> Evangelium“ kann sich auf den Juden Jesus von Nazareth<br />
nicht berufen. 22 Paulus verstand unter „Gesetz“ <strong>die</strong> Existenzform<br />
<strong>der</strong> Angst, <strong>die</strong> im Inneren keine Freude bewirken kann (vgl. Römer<br />
7,22), <strong>und</strong> er dachte bei seiner Polemik gegen <strong>die</strong>ses „Gesetz“ kaum<br />
daran, gerechte Verhältnisse im öffentlichen Raum zu diffamieren.<br />
Von <strong>der</strong> Tora konnte er hingegen mit universeller Geltung sagen:<br />
„Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort zusammengefaßt:<br />
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Galater 5,14)<br />
Das Gesetz seiner Väter, so weiß <strong>der</strong> Apostel im Galaterbrief, wi<strong>der</strong>spricht<br />
nirgends den „Früchten des Geistes“ 23 . Am Fest <strong>der</strong> Gesetzesfreude<br />
tanzen <strong>und</strong> singen <strong>die</strong> frommen Juden. Sie danken Gott fröhlich<br />
für <strong>die</strong> Weisung, denn sie wissen: Gerechtigkeit lernt <strong>der</strong> Mensch<br />
in einem gerechten Gemeinwesen. Im „Gesetz“ feiert <strong>die</strong> Menschengemeinschaft<br />
<strong>die</strong> ihr geschenkte Einsicht in das, was gut für sie ist.<br />
(Wenn etwa <strong>die</strong> UNO <strong>die</strong> Atombombe ächtet, ist eine überlebenswichtige<br />
Einsicht, <strong>die</strong> viele Menschen schon lange erreicht haben, auch<br />
auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Weltgesellschaft angekommen.) Zugleich ist <strong>die</strong><br />
21 Für unser Thema ist mit Kern/Wittig 1984, 74 festzustellen: „Im Blick auf<br />
den möglichen Untergang aller können wir uns heute den Luxus nicht<br />
länger leisten, uns angesichts nur weniger ‚Heiliger‘ zu beruhigen.“<br />
22 Vgl. Weizsäcker 1986, 78f.<br />
23 Galater-Brief 5,22f.: „Die Frucht des Geistes aber ist, Liebe, Freude,<br />
Friede, Langmut, Fre<strong>und</strong>lichkeit, Güte, Treue, Sanftmut <strong>und</strong> Selbstbeherrschung;<br />
dem allem wi<strong>der</strong>spricht das Gesetz nicht.“<br />
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