peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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dem Kriegsende gehört zum Kanon <strong>der</strong> beeindruckenden Hollywoodfilme.<br />
Beim Thema <strong>der</strong> ersten Atombomben jedoch, so hatten wir<br />
bereits bemerkt, schweigt <strong>die</strong> US-Filmindustrie. Da sie weltweit mit<br />
Abstand <strong>die</strong> meisten Leinwände <strong>und</strong> Bildschirme beliefert, tut sich<br />
ein schwarzes Loch auf. Als 1994/95 – ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t nach<br />
dem ersten Atombombenabwurf – das Smithsonian-Institut als nationaler<br />
Museumskurator eine Ausstellung mit dem „Hiroshima-Flugzeug“<br />
Enola Gay konzeptionell fast abgeschlossen hatte, durften nicht<br />
einmal zweifelnde Stimmen aus den USA zu Wort kommen, geschweige<br />
denn Zeugnisse über japanische Opfer. 60 Berücksichtigt werden<br />
sollten ursprünglich Überlegungen aus Erinnerungen von General<br />
Dwight D. Eisenhower: War Japan nicht schon besiegt? Waren <strong>die</strong><br />
Atombombenabwürfe notwendig o<strong>der</strong> nicht vielmehr – so Eisenhowers<br />
Überzeugung – „völlig überflüssig“? Gab es für sie im Sinne<br />
einer Rettung <strong>der</strong> USA ein Mandat? Auch US-Admiral William D.<br />
Leahy, <strong>der</strong> nach dem Krieg den Atombombeneinsatz seines Landes<br />
als „Aneignung des moralischen Standards von Barbaren“ <strong>und</strong> als<br />
vorsätzlichen Zivilistenmord bezeichnet hatte, sollte zu Wort kommen.<br />
61 Entsprechende Zitate wurden auf Druck einer breiten patriotischen<br />
Lobby aus den Ausstellungstexten entfernt. Kooperationen<br />
<strong>der</strong> Initiatoren mit zwei Museen in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki<br />
erregten beson<strong>der</strong>en Zorn. Nicht gezeigt werden durften fünf Objekte<br />
aus Nagasaki, <strong>die</strong> nicht ins offizielle Bild paßten: „ein geschmolzener<br />
Rosenkranz, ein Marienbild, ein Kin<strong>der</strong>kleid, zerfetzte Klei<strong>der</strong>“<br />
<strong>und</strong> eine von den USA mit abgeworfene Meßsonde. Es kommt<br />
noch schlimmer: Lapidar wird beim B-29-Bomber Enola Gay im<br />
„National Air and Space Museum“ <strong>der</strong> USA vermerkt, „Zehntausende<br />
von Toten“ habe es in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki gegeben. Die<br />
Besucher müssen sich also für eine annähernde Anschaulichkeit des<br />
Opferleidens in Multiplikationsversuchen üben. Die vollständige<br />
60 Vgl. Scarlott 1998; Coulmas 2005, 31-35.<br />
61 Coulmas 2005, 15 zitiert das kompromißlose Resümee von Leahy: „Die<br />
Japaner waren schon geschlagen <strong>und</strong> bereit, sich zu ergeben. Der Einsatz<br />
<strong>die</strong>ser barbarischen Waffe gegen Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki half unseren<br />
Kriegsanstrengungen gegen Japan in keiner Weise. Durch ihre Erstverwendung<br />
haben wir uns den moralischen Standard von Barbaren des finsteren<br />
Mittelalters zu eigen gemacht. Ich habe nicht gelernt, auf <strong>die</strong>se Weise Krieg<br />
zu führen, <strong>und</strong> Kriege werden nicht durch <strong>die</strong> Vernichtung von Frauen <strong>und</strong><br />
Kin<strong>der</strong>n gewonnen.“<br />
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