peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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Imperiums <strong>und</strong> spüren mit vielen Menschen <strong>die</strong> vom System bewirkte<br />
allgemeine Verunsicherung. Darin sind sie soziologisch jenen<br />
Bewohnern <strong>der</strong> agrarisch geprägten ländlichen Zonen („bible belt“)<br />
<strong>und</strong> den Angehörigen <strong>der</strong> unteren Mittelschichten in den Städten<br />
verwandt, aus denen sich heute in den USA <strong>der</strong> F<strong>und</strong>amentalismus<br />
vor allem rekrutiert. In <strong>der</strong> Johannes-Apokalypse retten sich <strong>die</strong><br />
Ohnmächtigen mit Gewaltphantasien, <strong>die</strong> das Ende des Imperiums<br />
<strong>und</strong> seiner dreisten Machthaber bereits als ausgemachte Sache beschreiben.<br />
Doch darin ist – viel mehr als ein „massenkulturell“ <strong>und</strong><br />
fast lustvoll gestaltetes Untergangsszenarium – auch <strong>die</strong> Stimme <strong>der</strong><br />
Vernunft, das prophetische Erbe <strong>der</strong> hebräischen Bibel enthalten.<br />
Wie <strong>die</strong> Propheten (Enthüller, Aufdecker) Israels, so spricht auch<br />
das letzte Buch <strong>der</strong> Christenbibel in seiner äußeren Schicht ein Urteil<br />
über imperiale Machtanmaßung <strong>und</strong> ungerechte Ökonomie: Das<br />
Imperium handelt nicht nur mit wertvollen Stoffen <strong>und</strong> Thujaholz<br />
aus Nordafrika, son<strong>der</strong>n auch mit „Sklaven <strong>und</strong> Menschenseelen“<br />
(Offenbarung 18,1-24). Die zeitgenössische Weltmacht Rom erscheint<br />
als Bestie, als „Hure Babylon“. Die Potenzen <strong>der</strong> Weltherrscher<br />
kulminieren im Anti<strong>christen</strong> schlechthin, dem alle Nationen<br />
gewaltsam unterworfen sind. („Alle Reiche <strong>die</strong>ser Erde“ liegen ihm<br />
gemäß <strong>der</strong> Machtvergötzung in Matthäus 4,1-11 zu Füßen.) Dieser<br />
Superregent beansprucht göttliche Attribute <strong>und</strong> spielt sich wie eine<br />
letzte Instanz auf. Das Verbot, ihn anzubeten, zielt eindeutig auf <strong>die</strong><br />
römische Supermachtideologie, in <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> altorientalische Herrscherkult<br />
neu ausgestaltet (Offenbarung 13). Christen dürfen sich in<br />
keiner Weise an <strong>der</strong> Verehrung des römischen Imperators beteiligen.<br />
Sie sind unter allen Bewohnern <strong>der</strong> Erde – neben den Juden –<br />
<strong>die</strong> einzigen, <strong>die</strong> nicht den politischen Weltherrscher, son<strong>der</strong>n Gott<br />
um das tägliche Brot bitten (13,8). Dem Kaiserkult, <strong>der</strong> als ideologischer<br />
Kitt das Imperium zusammenhält, halten sie ihrem Ursprung<br />
gemäß „<strong>die</strong> jüdische Respektlosigkeit gegenüber menschlicher<br />
Macht“ 106 entgegen. Die verfolgten Gemeinden in Kleinasien stellen<br />
106 Drewermann 2002b, 94. Weizsäcker 1986, 70 bemerkt: „Das aufgeklärte<br />
Römertum, zumal in <strong>der</strong> Ära <strong>der</strong> großen stoischen Kaiser, garantierte den<br />
Völkern <strong>der</strong> Erde den Frieden des durch <strong>die</strong> Macht ermöglichten Respekts.<br />
Er verlangte nur, im Kaiserkult, <strong>die</strong> Geste des Respekts vor <strong>der</strong> mythischen<br />
Weihe <strong>die</strong>ser Macht. […] Der Kaiserkult ist dem Juden <strong>und</strong> Christen<br />
unmöglich. Die Christen haben im Römischen Reich welthistorisch gesiegt,<br />
weil sie zu <strong>die</strong>ser Geste des Kompromisses nicht bereit waren, son<strong>der</strong>n eine<br />
höhere Macht bek<strong>und</strong>eten.“ Historisch hat <strong>der</strong> Kaiserkult dann freilich im<br />
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