peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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Wirklichkeit gelegen ist. An das dramatische Weltgeschehen sollen<br />
wir gar nicht denken: „Das Reich Gottes kommt, indem es zu den<br />
einzelnen kommt, Einzug in ihre Seele hält, <strong>und</strong> sie es ergreifen. Das<br />
Reich Gottes ist Gottesherrschaft, gewiß – aber es ist <strong>die</strong> Herrschaft<br />
des heiligen Gottes in den einzelnen Herzen, es ist Gott selbst mit<br />
seiner Kraft. Alles Dramatische im äußeren, weltgeschichtlichen Sinn<br />
ist hier verschw<strong>und</strong>en; versunken ist auch <strong>die</strong> ganz äußerliche Zukunftshoffnung.“<br />
130 Harnack war in Deutschland <strong>der</strong> herausragende<br />
Kenner <strong>der</strong> alten Kirchengeschichte <strong>und</strong> Kirchenväter. Er wußte gar<br />
von solchen Christen <strong>der</strong> ersten Jahrhun<strong>der</strong>te, <strong>die</strong> nicht nur das kultische<br />
Kaiseropfer verweigerten, son<strong>der</strong>n auch sonst nur einen einzigen<br />
Herrscher (Gott o<strong>der</strong> Christus) anerkannten. 131 Doch er tadelte<br />
<strong>die</strong>se „Heißsporne“ <strong>und</strong> meinte, sie hätten sich durch verweigerte<br />
politische Anerkennung des Kaisers „<strong>die</strong> gerechte Strafe“ zugezogen.<br />
Selbst hatte Adolf von Harnack keine Probleme, dem Caesar<br />
seiner Zeit, dem deutschen Kaiser Wilhelm II., <strong>die</strong> Erklärung zum<br />
Beginn des Ersten Welt<strong>krieg</strong>es zu formulieren: „Mit reinem Gewissen<br />
<strong>und</strong> reiner Hand ergreifen wir das Schwert!“ Im sich anschließenden<br />
Blutbad leistete Harnack als gewaltiger Kriegsprediger seinen<br />
Beitrag. Da <strong>die</strong> Konfessionen jeweils seit Augustinus <strong>und</strong> Luther<br />
den Krieg auch als „Werk <strong>der</strong> Liebe“ 132 verstanden, war <strong>die</strong> Lieblosigkeit<br />
<strong>der</strong>er, <strong>die</strong> sich <strong>die</strong>sem Werk verweigerten, offenk<strong>und</strong>ig.<br />
Mit <strong>die</strong>ser schizophrenen Praxis aus Innerlichkeit <strong>und</strong> staatstreuem<br />
Blut<strong>die</strong>nst kann man bis zur St<strong>und</strong>e den friedensbewegten Christen<br />
gleichzeitig vorwerfen, sie seien fromme Träumer (o<strong>der</strong> gefährliche<br />
Anarchisten), <strong>und</strong> sie würden sich unzulässigerweise in politische<br />
Angelegenheiten einmischen. Entsprechend ermahnt man <strong>die</strong><br />
Politiker zum Gebet, nicht aber zu einer Politik für das Überleben<br />
<strong>der</strong> Menschheit. Die Mainzer Bistumsnachrichten berichteten 1997<br />
über den Ökumenischen Gottes<strong>die</strong>nst anläßlich des 50jährigen Bestehens<br />
<strong>der</strong> rheinland-pfälzischen SPD: „Der Speyerer Bischof [Dr.<br />
Anton Schlembach] wies in seiner Begrüßungsansprache beson<strong>der</strong>s<br />
130 Zitiert nach: Ronnefeldt 1983, 34 (A. v. Harnack: Das Wesen des Christentums,<br />
Vorlesungen 1900). – Zu Harnack vgl. Hammer 1974 (Seitenzahlen im Index).<br />
131 Vgl. Harnack 1924, 275 (Anmerkungsteil).<br />
132 Helmut Thielicke mochte noch nach dem Zweiten Welt<strong>krieg</strong> sagen: „Christen,<br />
<strong>die</strong> ihren Kriegs<strong>die</strong>nst unter den Augen Gottes ableisten, haben ihr<br />
Handwerk des Tötens immer so verstanden, daß sie es im Namen <strong>der</strong> Liebe<br />
übten.“ (Zitiert nach: www.unmoralische.de/christlich.htm .)<br />
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