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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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Eine gewisse Ehrenrettung für <strong>die</strong> Lehre vom gerechten Krieg<br />

besteht nun darin, daß einige ihrer strikten Verfechter relativ früh<br />

<strong>die</strong> praktische Selbstaufhebung <strong>der</strong> Konstruktion im Zeitalter <strong>der</strong><br />

Massenvernichtung erkennen. Zu <strong>die</strong>sen integeren Verteidigern <strong>der</strong><br />

Tradition gehört <strong>der</strong> ultrakonservative Kardinal Alfredo Ottaviani. 68<br />

Ab 1942 – unmißverständlich publiziert 1947 – bezeichnet er den<br />

mo<strong>der</strong>nen Krieg schlechthin als unsittlich <strong>und</strong> folgerichtig auch <strong>die</strong><br />

allgemeine Wehrpflicht als große Ungerechtigkeit (maxima iniuria):<br />

Der mo<strong>der</strong>ne Krieg ist kein „Mittel im Dienste <strong>der</strong> Gerechtigkeit“<br />

mehr, son<strong>der</strong>n „Mord an Unschuldigen <strong>und</strong> Verbrechen an <strong>der</strong><br />

Menschheit“. In ihm ist <strong>die</strong> zwingend gefor<strong>der</strong>te Unterscheidung zwischen<br />

kämpfenden Militärs <strong>und</strong> Zivilisten, <strong>die</strong> nicht getötet werden<br />

dürfen, we<strong>der</strong> üblich noch praktizierbar. In all <strong>die</strong>sen Fragen wird<br />

Ottaviani sich auf dem II. Vatikanischen Konzil nicht auf <strong>die</strong> Seite<br />

einer reaktionären Min<strong>der</strong>heit stellen.<br />

Praktisch stünde nach solcher Einsicht einem Zusammengehen<br />

von katholischen Traditionalisten <strong>und</strong> christlichen Pazifisten nichts<br />

mehr im Wege. Die klaren Prinzipien <strong>der</strong> Lehre vom gerechten Krieg<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Prinzipienfestigkeit ihrer nichtkorrumpierten Anhänger sind<br />

außerordentlich verführerisch! Eine <strong>der</strong> biblischen Botschaft <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> frühkirchlichen Praxis entsprechende Einschätzung wird aber<br />

weitergehen müssen: Der mo<strong>der</strong>ne Krieg zeigt eine <strong>der</strong> Zivilisation<br />

innewohnende Dynamik auf, <strong>die</strong> es rückblickend zu keinem Zeitpunkt<br />

als richtig erscheinen läßt, von „gerechten Kriegen“ zu sprechen. In<br />

<strong>die</strong>sem Sinne muß <strong>die</strong> denkbar einfache Erklärung des Ökumenischen<br />

Rates <strong>der</strong> Kirchen von Amsterdam (1948) verstanden werden:<br />

„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“ Praktisch aber ist es vollständig<br />

überflüssig <strong>und</strong> sogar sehr schädlich, kirchliche bzw. theologische<br />

Energien in einen Diskurs über <strong>die</strong> prinzipielle „Wahrheit“ <strong>der</strong> überholten<br />

Doktrin zu investieren. Noch immer ist es den Feigen gelungen,<br />

durch <strong>der</strong>lei Dispute <strong>die</strong> Kirche vom unbequemen Blick auf<br />

das wirkliche Geschehen aktueller Kriegspolitik fernzuhalten. 69 Die<br />

68 Vgl. zu Kardinal Ottaviani: Anatol Feid in: Battke 1982, 40; Klüber 1984,<br />

16f.; Reckinger 1983, 107; Drewermann 2002a, 147.<br />

69 Denkbar scharf schrieb <strong>der</strong> Katholik Johannes Fleischer 1962: „Die<br />

katholischen Theologen vertreiben sich zwischen den staatlich organisierten<br />

Menschenschlächtereien ihre Langeweile mit dem neckischen Spiel: Wann<br />

ist ein Krieg ‚gerecht‘ <strong>und</strong> wann ‚ungerecht‘? Sie füllen damit dicke Wälzer,<br />

weil ja <strong>die</strong> Entscheidung ‚sittlich, politisch <strong>und</strong> technisch so überaus kompliziert‘<br />

ist (<strong>der</strong> Jesuit Hirschmann), weisen aber vorsorglich mehr o<strong>der</strong><br />

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