peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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ich Duchrow zu Recht betont, ist nicht wesentlich, welches „Herr,<br />
Herr“-Bekenntnis ein Verfassungstext zum Besten gibt (vgl. Jeremia<br />
12,2; Matthäus 7,21f.; Lukas 6,46). Die Anfrage <strong>der</strong> Kirchen an eine<br />
politische Ordnung in Europa sollte vielmehr erk<strong>und</strong>en, welche<br />
Götter tatsächlich in ihr das Regiment führen.<br />
Soviel läßt sich bezogen auf den Kulturkampf für ein „christliches<br />
Abendland“ schon jetzt sagen: Die Antriebe <strong>die</strong>ses Unternehmens<br />
kommen vornehmlich aus <strong>der</strong> Angst. Entsprechend sind als<br />
Bündnispartner am ehesten angstgetriebene Defensoris fidei zu erwarten:<br />
jene Teile <strong>der</strong> Orthodoxie, <strong>die</strong> seit eineinhalbtausend Jahren<br />
eingefrorene christliche Platonismen als zeitlos hinreichende Wahrheitsformel<br />
betrachten <strong>und</strong> jeglichen kritischen Sinn für das Problem<br />
staatskirchlicher Traditionen vermissen lassen, christliche F<strong>und</strong>amentalisten<br />
mit theokratischen Ambitionen o<strong>der</strong> Evangelisierungsprogrammen<br />
ohne Weltbezug, Verfechter antilibertärer Ideale <strong>und</strong><br />
scheinheilige Romantiker … Einst hatte Karl Rahner ohne Unterlaß<br />
darum gebeten, das vermeintlich „Übernatürlichste“ als Gottes Wahrheit<br />
für den wirklichen Menschen zu beleuchten. Wo in <strong>der</strong> katholischen<br />
Kirche solche Wegweisungen heute als Ketzerei gelten, hat<br />
sich – dem ganzen akademischen Apparat zum Trotz – eine Dürftigkeit<br />
<strong>der</strong> Theologie eingestellt, <strong>die</strong> nicht mehr unterboten werden<br />
kann. Junge Christen werden in meinem Wohnortbistum Köln mit<br />
regelrecht infantilen Firmpredigten auf den Weg geschickt. Entsprechend<br />
bescheiden nimmt sich <strong>die</strong> Zahl <strong>der</strong>er aus, <strong>die</strong> im mutmaßlich<br />
reichsten Bistum <strong>der</strong> Welt ihren Glauben als bewegende Lebenswahrheit<br />
verstehen <strong>und</strong> <strong>die</strong> ihn unter mo<strong>der</strong>nen Bedingungen auch<br />
überzeugend mitteilen können.<br />
Wenn es einen „heilsgeschichtlichen Auftrag“ für das Christentum<br />
gibt – <strong>und</strong> ich persönlich möchte von ganzem Herzen daran<br />
glauben, daß es ihn gibt –, so kann er sich nicht aus Verteidigung,<br />
Bestandswahrung für ein Glaubensdepot, äußerer Absicherung <strong>und</strong><br />
Klage ergeben. Christen dürfen <strong>und</strong> sollten kulturpessimistisch sein.<br />
Ihnen stehen genügend Kriterien zur Verfügung, das Weltgeschehen<br />
zu durchschauen. Der geradezu habituelle Kulturpessimismus<br />
<strong>der</strong> Kulturkämpfer ergibt sich aber allein aus selbstbezogener Verlustangst<br />
<strong>und</strong> vermischt sich stets mit irrationalistischen Ambitionen.<br />
Man möchte – ganz an<strong>der</strong>s als einst ein Dietrich Bonhoeffer –<br />
aus dem öffentlichen <strong>und</strong> kulturellen Leben breite Bestätigung für<br />
<strong>die</strong> eigene „Wahrheit“ erfahren. Man möchte mit seiner kirchlichen<br />
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