peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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9. Wie lange ist eine kurze Frist?<br />
Mit Blick auf das bloße Vorhandensein <strong>der</strong> Atomwaffen ist den kirchlichen<br />
Voten seit nunmehr einem halben Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Hinweis<br />
auf eine kurze Gnadenfrist beigegeben. Das II. Vatikanum erklärt<br />
zur Methode <strong>der</strong> Abschreckung: „Gewarnt vor Katastrophen, <strong>die</strong><br />
das Menschengeschlecht heute möglich macht, wollen wir <strong>die</strong> Frist,<br />
<strong>die</strong> uns noch von oben gewährt wurde, nützen, um mit geschärftem<br />
Verantwortungsbewußtsein Methoden zu finden, unsere Meinungsverschiedenheiten<br />
auf eine Art <strong>und</strong> Weise zu lösen, <strong>die</strong> des Menschen<br />
würdiger ist.“ (Gaudium et spes, Nr. 81) Allerdings hält Papst<br />
Johannes Paul II. – unter <strong>der</strong> Voraussetzung konkreter Abrüstungsschritte<br />
– noch Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre den bloßen Besitz von Kernwaffen<br />
zur Abschreckung für moralisch annehmbar – auch <strong>die</strong>s nur befristet.<br />
Die Heidelberger Thesen <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland fürchten 1959, <strong>die</strong> verbleibende Zeitspanne könne „in<br />
träger Resignation“ vertan werden (4) <strong>und</strong> wollen den Atomwaffenbesitz<br />
als eine nur vorläufige „heute noch mögliche christliche Handlungsweise<br />
anerkennen“ (8). Die EKD-Friedensdenkschrift von 1981<br />
übernimmt zwanzig Jahre später <strong>die</strong>ses „befristete Ja“, wünscht aber<br />
nun ein dringlicheres Bewußtsein von <strong>der</strong> Vorläufigkeit des Status<br />
Quo. 1993 wird <strong>der</strong> Interimscharakter in <strong>der</strong> EKD-Synodenk<strong>und</strong>gebung<br />
zur Friedenssicherung sogar auf <strong>die</strong> Erstschlagdoktrin <strong>der</strong><br />
NATO bezogen. Die skandalöse Formulierung dazu: „Auch wenn<br />
das nukleare Element nicht mehr im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> des neuen strategischen<br />
Konzepts <strong>der</strong> NATO steht, wurde <strong>die</strong> Option des Ersteinsatzes<br />
nuklearer Waffen beibehalten. Wenn <strong>die</strong> NATO selbst von<br />
einer ‚Strategie des Übergangs‘ spricht, müssen <strong>die</strong> Kirchen weiterhin<br />
<strong>die</strong> Überwindung von Verhältnissen for<strong>der</strong>n, in denen <strong>die</strong> nukleare<br />
Abschreckung wirksam ist.“ 144 Da nach vorliegenden Synodenbeschlüssen<br />
an <strong>die</strong>ser Stelle einer klare Verurteilung überreif gewesen<br />
wäre, muß von einem echten Rückschritt gesprochen werden. Die<br />
EKD-Denkschrift „Schritte auf dem Weg des Friedens“ (1993; neu<br />
aufgelegt 2001) enthält im gleichen Jahr nach Ende des Ost-West-<br />
Konfliktes neben konkreten For<strong>der</strong>ungen nach atomarer Abrüstung<br />
wie<strong>der</strong>um sehr bedenkliche Formulierungen. 145 Die unglückliche<br />
144 Zitiert nach: Erler/Widmann/Jäger 1999.<br />
145 EKD (1994/2001): Schritte auf dem Weg des Friedens – Ein Beitrag des<br />
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