peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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(Gegenteilige Belege aus Theologie <strong>und</strong> Kirchenordnung lassen sich<br />
nicht anführen!) In zahlreichen Kirchengeschichten werden <strong>die</strong> Bef<strong>und</strong>e,<br />
so sie überhaupt Erwähnung finden, bis heute mit fadenscheinigen<br />
Argumenten abgekanzelt. Vornehmlich sei es bei <strong>der</strong> frühchristlichen<br />
Kriegs<strong>die</strong>nstverweigerung um heidnische Riten,<br />
religiösen Kaiserkult, unzulässige Eidesformeln etc. o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />
z.B. um ein falsch verstandenes Tabu bezogen auf das allgemeine<br />
Priestertum <strong>der</strong> Christen gegangen. Tatsächlich aber haben <strong>die</strong> frühen<br />
Kirchenväter eine f<strong>und</strong>ierte Kritik des Krieges aus christlicher<br />
Sicht vorgelegt. Sie halten es für eine Ideologie, <strong>die</strong> Unantastbarkeit<br />
des menschlichen Lebens im Zivilleben zu behaupten <strong>und</strong> sie im<br />
Krieg willkürlich für gegenstandslos zu erklären. 21 Sie entlarven den<br />
Zauber des Militarismus. Klarsichtig wird von ihnen auch <strong>die</strong> ökonomische<br />
Triebfe<strong>der</strong> des Kriegsapparates benannt. Unter zielsicherer<br />
Berufung auf <strong>die</strong> Prophetenbücher <strong>der</strong> hebräischen Bibel entwerfen<br />
<strong>die</strong> Theologen <strong>der</strong> Alten Kirche – als Alternative zur<br />
<strong>krieg</strong>erischen Weltordnung – einen kompromißlosen Internationalismus.<br />
22 Wenn sie <strong>die</strong> Christen als <strong>die</strong> erste Generation eines gewaltfreien<br />
Menschengeschlechts verstehen, geht es ihnen um eine Perspektive<br />
bzw. Strategie für <strong>die</strong> gesamte Zivilisation.<br />
Justin († um 165) sagt von den Christen: „Wir alle haben auf <strong>der</strong><br />
weiten Erde unsere Kriegswaffen umgetauscht […], <strong>die</strong> Lanzen in<br />
Ackergeräte.“ Mit <strong>die</strong>sen neuen Gerätschaften würde nunmehr Hoffnung<br />
angebaut. Genauso konstatiert Irenäus von Lyon († um 202),<br />
<strong>die</strong> Ankündigung des Jesaja über eine umfassende Abrüstung<br />
(Schwerter werden zu Pflugscharen) sei mit den Christen konkrete<br />
Wirklichkeit geworden. Er distanziert sich strikt von „militärischen<br />
Würden“ <strong>und</strong> <strong>der</strong> „unersättlichen Gier, in ferne Län<strong>der</strong> zu segeln“.<br />
Tertullian († nach 220), <strong>der</strong> lateinische Vater <strong>der</strong> Dreifaltigkeitsfor-<br />
21 In <strong>die</strong>ser kritischen Tradition wird Blaise Pascal sagen: „Gibt es etwas<br />
Lächerlicheres, als daß ein Mensch das Recht hat, mich zu töten, weil er<br />
jenseits des Wassers wohnt <strong>und</strong> weil sein Fürst mit dem meinen Streit hat,<br />
obgleich ich gar keinen mit ihm habe?“ (Zitiert nach: Kleinworth 1989, Nr.<br />
346.)<br />
22 Im „Hirten des Hermas“ wird noch vor 150 <strong>die</strong> Kraft des Christentums<br />
gerühmt, „<strong>die</strong> in Anlage <strong>und</strong> Sitten so verschiedenen Völker zur Einheit<br />
einer Gesinnung <strong>und</strong> Lebensweise zusammenzuschließen.“ Deutlich läßt<br />
Minucius Felix im dritten Jahrhun<strong>der</strong>t den christlichen Kosmopolitismus in<br />
seinem Dialogwerk von Octavius formulieren: „Wir unterscheiden Stämme <strong>und</strong><br />
Nationen; aber für Gott ist <strong>die</strong>se ganze Welt ein Haus.“<br />
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