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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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jüngst durch Seligsprechung eine Anerkennung des „Summum bonum“<br />

bescheinigt hat, ließ im Ersten Welt<strong>krieg</strong> (also nach <strong>der</strong> Haager<br />

Land<strong>krieg</strong>skonvention von 1899 <strong>und</strong> 1907) mit einem Giftgasangriff<br />

40.000 italienische Soldaten töten. Die katholischen Diktatoren<br />

Franco <strong>und</strong> Pinochet konnten sich noch in <strong>der</strong> zweiten Hälfte<br />

des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts auf <strong>die</strong> Kirche stützen, <strong>der</strong>en Katechismus sie<br />

getreulich allen Kin<strong>der</strong>n eintrichtern ließen. Die Menschen Chiles<br />

empfanden es als Schande, daß sich Pinochet ohne Benennung seiner<br />

Menschenschlächterei vor Kameras an <strong>der</strong> Seite des Papstes<br />

postieren durfte … Christen rechnen, von Jesus aufgeklärt, damit,<br />

daß gerade auch <strong>die</strong> leidenschaftliche Beanspruchung <strong>der</strong> religiösen<br />

Wahrheit eine Erscheinungsform <strong>der</strong> Gottlosigkeit sein kann. Aus<br />

biblischer <strong>und</strong> rein menschlicher Perspektive ist es gleich schlimm,<br />

ob ein politisches Kriegssystem mit einem sakralen Kaiserkult, mit<br />

griechich-philosophischer Gottesspekulation, mit einem theoretischen<br />

Atheismus o<strong>der</strong> mit einer „christlichen Weltanschauung“ als<br />

Überbau versehen ist. So problemlos ist es keineswegs, <strong>die</strong> neuzeitliche<br />

Humanität einfach als christliches Erbe zu klassifizieren, das<br />

mit zunehmendem Abstand von seinem Ursprung immer fragiler<br />

wird. Nach Auschwitz (<strong>und</strong> auch nach Hiroshima) müssen sich Kultur<br />

wie Kirchentum Europas jedenfalls <strong>die</strong> Frage gefallen lassen, ob<br />

sich angesichts <strong>der</strong> Endprodukte im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t so etwas wie<br />

ein lichterfülltes Abendland noch problemlos herausfiltern läßt. Bis<br />

zur Gegenwart ist man beim Krieg immer wie<strong>der</strong> zu solchen staatspolitischen<br />

Konzessionen bereit, <strong>die</strong> man etwa bei <strong>der</strong> Abtreibung<br />

niemals zugestehen würde. Die Korruptionsanfälligkeit des europäischen<br />

Kirchentums verleidet jungen Menschen <strong>die</strong> Freude am<br />

Christsein, während klare Einsprüche gegen <strong>die</strong> Welt<strong>krieg</strong>sordnung<br />

erwiesenermaßen das Gegenteil bewirken, nämlich Neugierde am<br />

Christentum selbst bei kirchenfernen Jugendlichen.<br />

Der Kulturkampf für Kirchenlehre <strong>und</strong> Kirchenmacht ist genau<br />

das, was er vorgibt nicht zu sein: Anpassung. Er entspricht einem<br />

Modell, das auf katholischer Seite seit dem letzten Konzil eigentlich<br />

als überw<strong>und</strong>en galt. Gerade weil <strong>der</strong> überkommene „Antimo<strong>der</strong>nismus“<br />

Papst Johannes XXIII. zuwi<strong>der</strong> war, konnte er <strong>der</strong> Kirche<br />

einen Weg zu konstruktiver Zivilisationskritik weisen. (Deshalb wurde<br />

er in hohen Kurienkreisen gehaßt. 10 ) Die dem Kulturkampf zuge-<br />

10 Vgl. <strong>die</strong> ZDF-Reihe „Vatikan – Die Macht <strong>der</strong> Päpste“ von Guido Knopp<br />

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