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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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grenzter Atom<strong>krieg</strong>e“.) Die Mehrheit mochte nicht mehr in den<br />

„W<strong>und</strong>en von gestern“ herumrühren, <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> immer kleiner<br />

werdende Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Überlebenden sollte <strong>die</strong> Vergangenheit<br />

„endlich auf sich beruhen lassen“. Das literarische Establishment<br />

wi<strong>der</strong>setzte sich <strong>der</strong> Anerkennung von „Atombombenliteratur“. Das<br />

jährliche Gedenken wurde immer ritualisierter <strong>und</strong> ging einher mit<br />

einer „feierlichen Stimmung“. Daß Gleichgültigkeit <strong>die</strong> Leere o<strong>der</strong><br />

auch Bitternis von Opfern verstärken konnte, zumal wenn <strong>die</strong>se wie<br />

unerwünschte „Querschläger“ betrachtet wurden, ist gut vorstellbar.<br />

Die Einsamkeit des unverstandenen Erinnerns zeigte sich etwa<br />

im alternativen Gedenkvorschlag eines emeritierten Professors, von<br />

dem Lifton berichtet. Dieser schlug vor, Hiroshima an jedem 6.<br />

August in eine Geisterstadt mit geschlossenen Türen zu verwandeln.<br />

Je<strong>der</strong> Besucher sollte sagen: „Ich war an jenem Tag in Hiroshima.<br />

Alle Geschäfte waren zu, alle Straßen waren verwaist.“<br />

Nicht wenige hibakusha, <strong>die</strong> sich dem angesagten Vorwärtsblick<br />

nicht anpassen wollten o<strong>der</strong> konnten, beschäftigten sich weiterhin<br />

mit <strong>der</strong> „Bombe“: z.B. durch solidarisches Helfen, in politischen<br />

Friedensinitiativen o<strong>der</strong> Einrichtungen des Gedenkens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Mahnung,<br />

durch Schreiben o<strong>der</strong> Forschungen. In Hiroshima gab es einen<br />

„beinahe legendären“ Ethikprofessor, <strong>der</strong> jedesmal, wenn irgendwo<br />

ein neuer Atomtest bekannt wurde, zum Sitzprotest im<br />

Friedenspark ansetzte. Er hoffte, „eine Kettenreaktion von Seelenatomen<br />

auszulösen, um <strong>die</strong> nukleare Kettenreaktion außer Kraft zu<br />

setzen“.<br />

Berühmt geworden ist das Mädchen Sadako Sasaki (1943-1955).<br />

Sie erkrankte Ende 1954 an Leukämie. Die Fre<strong>und</strong>in Chizuko erzählte<br />

ihr <strong>die</strong> Legende von dem tausend Jahre alten Kranich: „Wenn<br />

ein Kranker tausend Kraniche aus Papier faltet, so wird er wie<strong>der</strong><br />

ges<strong>und</strong>.“ Sadako begann mit dem Falten. Im Krankenhaus lernte sie<br />

den neunjährigen Kenji kennen, <strong>der</strong> wußte, daß er sterben würde.<br />

Sadako ahnte, was auch ihr bevorstand. Bei ihrem Tod am 25. Oktober<br />

1955 hatte Sadako 644 „Origami-Kraniche“ gefaltet. Ihre Mitschüler<br />

gaben ihr weitere 356 mit ins Grab. Ein erwachsener hibakusha<br />

initiierte danach eine Kin<strong>der</strong>gruppe <strong>und</strong> verbreitete mit den<br />

Kin<strong>der</strong>n landesweit das Zeichen <strong>der</strong> Papierkraniche, <strong>die</strong> ein langes<br />

Leben <strong>und</strong> – heute international – Frieden symbolisieren. Seit 1958<br />

erinnert ein Denkmal im Friedenspark an Sadako <strong>und</strong> alle Kin<strong>der</strong><br />

von Hiroshima. Die Sockelinschrift lautet: „Unser Schrei, unser<br />

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