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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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in. Es war meine erste Begegnung mit den Schrecken <strong>der</strong> Verw<strong>und</strong>eten.<br />

In ihrem Haus lagen sie dicht nebeneinan<strong>der</strong>, Körper an Körper.<br />

Aber <strong>der</strong> Zustrom ließ nicht nach, son<strong>der</strong>n wuchs stetig an. Es<br />

kamen immer neue, meistens in geschlossenen Reihen von sieben<br />

bis acht Personen, vorwiegend Frauen, <strong>die</strong> am Kopf <strong>und</strong> im Gesicht<br />

so verbrannt waren, daß <strong>die</strong> Brandblasen sie völlig unkenntlich machten.<br />

Die oberste Haut war verletzt <strong>und</strong> abgerissen, <strong>der</strong> Kopf ballonr<strong>und</strong><br />

aufgedunsen. Aus dem geschwollenen M<strong>und</strong> hing oft <strong>die</strong> aufgeblähte<br />

Zunge heraus. In den grässlichsten Farben, rot, violett o<strong>der</strong><br />

graubraun von Schmutz <strong>und</strong> Staub, erschienen sie vor uns. Viele<br />

von ihnen konnten wegen <strong>der</strong> geschwollenen Fleischteile im Gesicht<br />

nicht mehr sehen; sie hielten deshalb in Gruppen Tuchfühlung<br />

zueinan<strong>der</strong>, indem sie gegenseitig <strong>die</strong> Hände auf <strong>die</strong> Schultern legten<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Arme einhakten. In ihrem großen Leid halfen sich <strong>die</strong><br />

Verletzten gegenseitig, niemand – es waren meist, wie gesagt, Frauen<br />

– wurde alleingelassen. Von zwei an<strong>der</strong>en unter <strong>die</strong> Arme genommen,<br />

gingen <strong>die</strong> Erblindeten klagend, <strong>der</strong> Orientierung wegen<br />

stets sprechend, oft genug nur im Schmerz vor sich hin summend,<br />

aber immer mit Geduld langsam schlürfend aus <strong>der</strong> Stadt. […] Überall<br />

flehten Menschen um Wasser. Als ich ihnen etwas davon bringen<br />

wollte, wurde ich von Angehörigen <strong>der</strong> Hilfstruppe daran gehin<strong>der</strong>t.<br />

Sie fürchteten, Wasser sei für <strong>die</strong> Verletzten <strong>der</strong> sichere Tod,<br />

denn <strong>die</strong> Bombe sei, wie sie mir sagten, von beson<strong>der</strong>er Art gewesen.<br />

[…] Das einzige, was <strong>die</strong> Verw<strong>und</strong>eten daher bekamen, waren<br />

kleine Reisbrötchen, <strong>die</strong> so hart waren, daß man sie nur mit sehr<br />

guten Zähnen zerbeißen konnte. Sie wurden den Opfern in <strong>die</strong> Hand<br />

gedrückt, <strong>die</strong> sie we<strong>der</strong> zum M<strong>und</strong> führen, geschweige denn essen<br />

konnten. […] Niemand beklagte sich, niemand verfluchte den Feind.<br />

Mit <strong>der</strong>selben Schicksalsergebenheit, mit <strong>der</strong> <strong>die</strong> Japaner Erdbeben,<br />

Taifune, Überschwemmungen <strong>und</strong> Vulkanausbrüche erduldet hatten,<br />

ertrugen sie auch jetzt <strong>die</strong>s Leid.“ 29<br />

Der US-Psychiater Robert J. Lifton, dessen Werk durch das Erschrecken<br />

über <strong>die</strong> Atombombe nachhaltig geprägt worden ist,<br />

schreibt über den tiefen Abgr<strong>und</strong> in vielen Berichten: „Überlebende<br />

erinnerten sich, daß sie nicht nur den eigenen Tod vor Augen hatten,<br />

son<strong>der</strong>n auch spürten, daß <strong>die</strong> ganze Welt starb. So erinnerte sich<br />

ein Wissenschaftler, <strong>der</strong> unter nie<strong>der</strong>gehendem Schutt begraben <strong>und</strong><br />

29 Atombomben auf Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki. 6./9. August 1945. http://<br />

www.<strong>die</strong>terwun<strong>der</strong>lich.de/<strong>hiroshima</strong>_nagasaki.htm .<br />

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