peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder
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kirchensystem geflohen seien. Auch in den USA sieht Ratzinger eine<br />
Trennung zwischen Staat <strong>und</strong> Kirche. Der Staat sei aber ‚nichts an<strong>der</strong>es<br />
als Freiraum für verschiedene religiöse Gemeinschaften.‘ (repubblica).“ 85<br />
Das Lob für das US-amerikanische Gesellschaftsmodell muß befremden,<br />
ist <strong>die</strong>ses doch <strong>der</strong>zeit mit <strong>der</strong> gefährlichsten Kriegsmaschinerie<br />
<strong>der</strong> Erde gepaart. Wo genau ein „Pazifismus ohne Werte“ droht,<br />
wer seine Träger sein sollen <strong>und</strong> ob auch gewaltfreie Methoden nach<br />
Gandhi o<strong>der</strong> Martin Luther King zur pazifistischen Gleichmacherei<br />
zählen, geht aus <strong>der</strong> Meldung nicht hervor.<br />
Das Hauptmerkmal des Pazifismus besteht darin, daß es ihn als<br />
bloße Gesinnung ohne ein entsprechendes Leben nicht geben kann:<br />
„Gewaltfreiheit ist nicht Passivität o<strong>der</strong> Anpassung. Es ist ein Geist<br />
<strong>und</strong> eine Methode.“ (Adolfo Perez Esquivel) Verteidigt wird kein<br />
absolutes Prinzip, son<strong>der</strong>n eine lebendige Einsicht. Pazifismus ist<br />
kein Moralismus. „Moralismus“ ist ein unerlöster Kampf für das<br />
(vermeintlich) Gute, <strong>der</strong> an <strong>der</strong> kranken Welt verzweifelt. Der passive<br />
Moralist ist oft ein Selbstgerechter, <strong>der</strong> aktive übernimmt häufig<br />
<strong>die</strong> Mittel <strong>der</strong> von ihm bekämpften Krankheit. Die Selbstverliebtheit<br />
des ersten bleibt folgenlos, <strong>die</strong> kranke Liebe des zweiten erfolglos.<br />
„Moralismus“ ist auch <strong>die</strong> bedeutsamste Ideologie des Krieges,<br />
was <strong>der</strong>zeit am anschaulichsten <strong>der</strong> „christliche“ Bellizismus in den<br />
USA beweist. „Moralismus“ kann, da er Güte nur als Idee o<strong>der</strong> Vorwand,<br />
nicht aber als etwas Lebendiges kennt, hinsichtlich seiner<br />
Methoden <strong>und</strong> seines Zieles völlig unterschiedliche Maßstäbe anlegen.<br />
Das ist dem Pazifismus unmöglich. Da Pacifici sehr standhaft<br />
für den Wert des menschlichen Lebens eintreten, das keiner Ideologie<br />
geopfert werden darf, <strong>und</strong> da sie intelligente Methoden <strong>der</strong> Konfliktlösung<br />
einfor<strong>der</strong>n, <strong>die</strong> keine Rüstungsprofite abwerfen, sind sie<br />
in <strong>der</strong> Geschichte stets verfolgt worden. Der Gewaltfreie gilt dem<br />
Gewalttäter bzw. Waffenbesitzer als schlimmster Feind, weil er dessen<br />
einzige „Stärke“ als etwas Nichtiges ansieht <strong>und</strong> <strong>die</strong>se Anschauung<br />
mit vielen Menschen teilen möchte. Finden <strong>die</strong> Pacifici Gehör,<br />
bleibt am Ende niemand mehr übrig, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Gewalt jenen Respekt<br />
zollt, den sie unentwegt einfor<strong>der</strong>t. Das macht <strong>die</strong> stets nach Beifall<br />
heischende Gewalt noch zorniger. An<strong>der</strong>s als <strong>die</strong> <strong>krieg</strong>sertüchtigenden<br />
Kirchenleitungen mußten christliche Pazifisten im letzten Welt-<br />
85 Ratzinger warnt vor Pazifismus. In: RadioVaticana-Online, 4.11.2004. http://<br />
www.radiovaticana.org/tedesco/tedarchi/2004/November04/<br />
ted23.11.04.htm . (Kursivsetzungen vom Verfasser.)<br />
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