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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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vorübergehend erblindet war: ‚Mein ganzer Körper schien schwarz.<br />

Alles schien dunkel, tiefdunkel. Dann dachte ich: Das ist das Ende<br />

<strong>der</strong> Welt.‘ Ein protestantischer Pfarrer berichtete mir von folgen<strong>der</strong><br />

Reaktion auf <strong>die</strong> Szenen <strong>der</strong> Verstümmelung <strong>und</strong> Zerstörung, <strong>die</strong> er<br />

ringsherum sah: ‚Ich hatte das Gefühl, alle seien tot, <strong>die</strong> ganze Stadt<br />

sei vernichtet ... Ich dachte, meine Familie müsse umgekommen sein,<br />

so daß auch ich sterben könne ... Ich dachte, es sei das Ende Hiroshimas,<br />

Japans, <strong>der</strong> ganzen Menschheit.‘ Und eine Schriftstellerin schil<strong>der</strong>te<br />

ihre Eindrücke später wie folgt: ‚Ich konnte einfach nicht verstehen,<br />

warum sich alles ringsum mit einem Schlag so radikal<br />

verän<strong>der</strong>te ... Ich dachte mir, das habe nichts mit dem Krieg zu tun,<br />

son<strong>der</strong>n sei <strong>der</strong> Weltuntergang, über den ich als Kind oft gelesen<br />

hatte ... Es herrschte ein grausiges Schweigen, so als ob alle Menschen<br />

tot seien.‘“ 30<br />

3. Die hibakusha<br />

Menschen, <strong>die</strong> solches erlebt haben, können unsichtbar mit dem Tod<br />

infiziert sein <strong>und</strong> fortan wie Gespenster umherwandeln. 31 Nie wie<strong>der</strong><br />

werden sie sich wie früher einem Fluß nähern können, in dem sie<br />

einmal verkohlte Leichen gesehen haben. Das Vertrauen in eine –<br />

wie auch immer geartete – Haltbarkeit <strong>der</strong> Welt ist ihnen oft abhanden<br />

gekommen. Gewöhnlich denken <strong>die</strong> meisten beim Atompilz an einen<br />

plötzlichen Sek<strong>und</strong>entod. An <strong>die</strong> langen Leiden <strong>der</strong> „hibakusha“,<br />

wie <strong>die</strong> „Betroffenen <strong>der</strong> Explosion“ auf japanisch heißen,<br />

denken sie nicht. Die unsichtbare, gleichwohl physische Kontamination<br />

von Menschen, <strong>die</strong> scheinbar heil davongekommen waren,<br />

zeigte sich in Hiroshima <strong>und</strong> Nagasaki oftmals erst nach Wochen.<br />

Die schleichenden Qualen wurden als etwas Geheimnisvolles erlebt.<br />

Es stellten sich – häufig mit tödlichem Verlauf – Symptome wie<br />

Durchfall, Schwäche, blutende Geschwüre, Blutungen aus allen Körperöffnungen,<br />

Fieber, Haarausfall <strong>und</strong> Entgleisungen des Blutbildes<br />

ein. Die durch Strahlung Vergifteten mußten ihre medizinische <strong>und</strong><br />

soziale Versorgung über Jahre aus eigenen Mitteln bestreiten. Untersuchungen<br />

durch <strong>die</strong> von <strong>der</strong> US-Regierung eingesetzte wissenschaftliche<br />

Kommission erlebten sie oftmals als demütigend, vor al-<br />

30 Lifton 1994, 41.<br />

31 Ich stütze mich in <strong>die</strong>sem Abschnitt, soweit nicht an<strong>der</strong>s vermerkt, beson<strong>der</strong>s<br />

auf Lifton 1994, 39-61.<br />

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