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peter bürger hiroshima, der krieg und die christen - Friedensbilder

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Ausführungen des lutherischen Theologen zur Notwendigkeit eines<br />

Atomstreiks <strong>der</strong> Christen heute nicht weniger aktuell als zu ihrer<br />

Entstehungszeit.<br />

Ernsthafter als viele Gegner hatte Gollwitzer <strong>die</strong> Bekenntnisschriften<br />

seiner Kirche zum Ausgangspunkt genommen. In den westdeutschen<br />

Heidelberger Thesen 114 (1958/59) formuliert <strong>die</strong> EKD<br />

einen prototypischen Kompromiß, <strong>der</strong> eine klare Entscheidung im<br />

Prinzipiellen enthält <strong>und</strong> <strong>die</strong> Uneinigkeit in <strong>der</strong> Kirche hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> konkret-politischen Frage wie<strong>der</strong>gibt. Vorausgesetzt wird – noch<br />

vor Johannes XXIII. <strong>und</strong> vor dem Vatikanischen Konzil <strong>der</strong> Katholiken<br />

– eine gr<strong>und</strong>legend neue christliche Einstellung zum Krieg: Im<br />

Atomzeitalter ist <strong>der</strong> Weltfriede zur Lebensbedingung <strong>der</strong> Menschheit<br />

geworden ist. Eine christliche (theologische) o<strong>der</strong> vernünftige<br />

Rechtfertigung atomarer Kriegsführung kann es gr<strong>und</strong>sätzlich nicht<br />

geben. Christliche Ethik <strong>und</strong> praktische Vernunft verlangen vielmehr<br />

eine Abschaffung <strong>der</strong> Atomwaffen <strong>und</strong> eine Abschaffung des Krieges<br />

überhaupt. Als christliche Handlungsweisen werden „atomarer<br />

Pazifismus“ <strong>und</strong> Waffenverzicht ausdrücklich anerkannt, zumal ein<br />

realer Einsatz von Atomwaffen mit <strong>der</strong> christlichen Lehre immer<br />

unvereinbar ist. An <strong>die</strong>ser Stelle bringen <strong>die</strong> Thesen eine unzweideutige<br />

Klärung: Nie <strong>und</strong> nimmer, also auch nicht zur Verteidigung,<br />

dürfen Atomwaffen wirklich gezündet werden. These 6 rechtfertigt,<br />

wie Gollwitzer feststellt, erstmalig in <strong>der</strong> Geschichte des ethischen<br />

Urteilens nur <strong>die</strong> Rüstung, nicht aber ihre Anwendung. Doch für<br />

eine Übergangszeit wird auch ein befristetes Ja zur atomaren Abschreckung<br />

im Dienste <strong>der</strong> „Friedenssicherung“ als mögliche christliche<br />

Position anerkannt. (Allerdings rät These 10 <strong>der</strong> deutschen Regierung<br />

diskret, sich nicht an atomarer Rüstung zu beteiligen.) Eine<br />

vorläufige, bloße Beibehaltung <strong>der</strong> Atomwaffen kann also auch befürworten,<br />

wer in <strong>der</strong> kirchlichen Bekenntnisgemeinschaft steht. 115<br />

Daß es keineswegs um rein „politische Waffen“ geht <strong>und</strong> <strong>die</strong> duldende<br />

Position eine [theologisch niemals zu rechtfertigende!] Be-<br />

114 Vgl. Gollwitzers Votum zu den Heidelberger Thesen in: Gollwitzer 1962,<br />

302-322, <strong>und</strong> Weizsäcker 1986, 97-102.<br />

115 Gollwitzer 1962, 321 zitiert <strong>die</strong> Aussage <strong>der</strong> Frankfurter Erklärung <strong>der</strong><br />

kirchlichen Bru<strong>der</strong>schaften vom Oktober 1958, daß „<strong>die</strong> Einbeziehung von<br />

Massenvernichtungsmitteln in den Gebrauch staatlicher Machtandrohung<br />

nur in <strong>der</strong> faktischen Verneinung des Willens des seiner Schöpfung treuen<br />

<strong>und</strong> dem Menschen gnädigen Gottes erfolgen kann.“ Der Unterschied zur<br />

„komplementären“ Lösung <strong>der</strong> Heidelberger Thesen liegt klar auf <strong>der</strong> Hand.<br />

113

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