Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen

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„Es ist doch so: Wir können und wollen uns diesen hohen, aber auch teuren, Standard leisten.
Der ÖV hat in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert, die sind bereit, das zu zahlen. Und
daran wird sich auch nichts ändern, die Verwaltung wird auch zukünftig ausreichend Mittel
für die Bestellungen erhalten.“ (Interview Case C, admin. AT 1 2009)
Dagegen lässt sich ein anderer Wert aus dem Datenmaterial herausarbeiten, im Verständnis
dieser Arbeit als ʻsozialer Wertʼ bezeichnet, der für die administrative Aufgabenträgerebene
von größerer Relevanz ist als eine hohe Effizienz. Im Kern geht es dabei
um die Bewahrung der langjährigen, vertrauensvollen Beziehungen zu Partnern auf
der Unternehmensseite, um eine möglichst harmonische Zusammenarbeit mit ihnen
und um das Beibehalten traditioneller und etablierter Prozesse und Strukturen.
„Und über eines muss man sich aber auch klar sein. Wer Wettbewerb im regionalen Busverkehr
will, der muss sich bewusst sein, was das für den ÖV als Gesamtsystem bedeutet. Unser
ÖV ist nicht zuletzt deshalb auf so einem hohen Qualitätsniveau, weil die Beteiligten gut und
fair zusammenarbeiten. Das werden Sie überall in der Schweiz feststellen, das ist einfach Teil
unserer Kultur. Wettbewerb würde das verändern und gute und für den ÖV wertvolle Beziehungen
zerstören. Und man muss sich bewusst sein, dass Unternehmen mit langer Tradition
eingehen können. Und das ist etwas, das wir Schweizer nicht gerne haben. Hier bevorzugt
man alte und gefestigte Strukturen und eine evolutionäre Entwicklung. Es gibt nur wenig revolutionäre
Schritte. Und die Einführung von Ausschreibungswettbewerb wäre so ein Schritt.
Und dem muss sich bewusst sein, wer Wettbewerb will.“ (Interview Case C, admin. AT 2
2009)
Die entscheidenden Normen, die sich in Bezug auf die Vergabe der Angebotsvereinbarungen
ergeben, widerspiegeln die Dominanz der hohen Qualität im Wertesystem der
administrativen Ebene. Der Fokus der administrativen Aufgabenträger im Zusammenhang
mit den jährlich durchgeführten Vergabeprozessen liegt auf der Qualität im kantonalen
regionalen Busverkehr. Da die mit dem langjährig praktizierten Offertverfahren
erzielte Qualität im regionalen Busverkehr als hoch bewertet wird, die entsprechenden
Prozesse bekannt und organisational verankert sind sowie die am Verfahren
Beteiligten aufeinander eingespielt sind, besteht eine Norm dahingehend, das bestehende
Vergabesystem möglichst unverändert fortzuführen.
„Ich sehe im Moment überhaupt keinen Grund, irgendetwas an dem Verfahren zu ändern.
Wir haben im Moment keine Veranlassung. Weder von mir aus, weil ich das Gefühl hätte, die
Unternehmen wären schlecht oder die Struktur der Unternehmen wäre schlecht, das Gegenteil
ist ja der Fall, noch aufgrund des öffentlichen Drucks. Wir tun zurzeit gut daran, weiter mit
dem Offertverfahren zu schaffen. Sie sind der Erste seit Monaten, der hier drin sitzt und von
Ausschreibungen redet.“ (Interview Case C, admin. AT 2 2009)
Das Thema „Effizienz“ findet sich nur insofern in einer entsprechenden Norm wieder,
als dass Verhandlungen mit einem Busunternehmen aufgenommen werden sollen, falls
die Höhe der verlangten Abgeltungen als zu hoch befunden wird. Ziel der Verhandlungen
ist es dann, sich bei einem für beide Seiten akzeptablen Preis zu finden (Interview
Case C: admin. AT 2 2009). Die geringere Bedeutung finanzieller Aspekte lässt
sich auch daran erkennen, dass bei der Prüfung der Offerten im jährlichen Offertverfahren
nicht auf dem umfangreichen Benchmarksystem des BAV aufgebaut wird, son-