Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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bezieht sich Rationalität auf die grundsätzliche kognitive Ebene eines Akteurs, unabhängig<br />
von den konkreten Orientierungsmustern des jeweiligen Denkens.<br />
Wilson (1989: 193) wie<strong>der</strong>um liefert zwar keine explizite Definition von Rationalität,<br />
schreibt aber im Zusammenhang damit von einem „way of seeing and responding to<br />
the world“. Er erweitert damit das Begriffsverständnis von Rationalität im Sinne <strong>der</strong> in<br />
dieser Arbeit relevanten Forschungsfragen, indem er zusätzlich zur kognitiven Ebene<br />
auch die Ebene des Handelns einbezieht. Denn in Bezug auf die Aufgabenträger interessieren<br />
zusätzlich zu <strong>der</strong> kognitiven Ebene – also zu ihrer Art, die Welt zu sehen und<br />
zu bewerten – auch die darauf basierenden organisationalen Handlungen; konkret die<br />
organisationalen Entscheidungen im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Vergabe <strong>der</strong> Angebotsvereinbarungen<br />
an die Busunternehmen.<br />
Cloutier & Langley (2007) liefern eine Definition von Rationalität, die die Dimension<br />
des Handelns ebenfalls explizit miteinbezieht. Im Rahmen ihrer Ausführungen zur<br />
Multirationalität in Organisationen definieren sie Rationalität als „bases upon which<br />
actors justify their opinions, decisions and actions, and by association, make decisions<br />
in organizational contexts“ (Cloutier & Langley 2007: 6). Sie betrachten sie als rein<br />
„institutionally defined“ (Cloutier & Langley 2007: 5), das heißt, als nur durch Institutionen<br />
beziehungsweise durch sogenannte ʻinstitutional logicsʼ geprägt. Der Ansatz<br />
<strong>der</strong> institutionellen Logiken findet seinen Ursprung in dem neo-institutionalistischen<br />
Konzept des ʻarchetypeʼ von Greenwood & Hinings (1993; 1996). Cloutier & Langley<br />
stehen mit ihrer Sichtweise argumentativ in einer Linie mit <strong>der</strong> neoinstitutionalistischen<br />
Perspektive in Bezug auf Rationalität, wie sie zum Beispiel<br />
DiMaggio & Powell (1983), Friedland & Alford (1991) o<strong>der</strong> Scott (2008) einnehmen.<br />
Das neo-institutionalistische Verständnis von Rationalität wird im Zusammenhang mit<br />
<strong>der</strong> Erarbeitung eines theoretischen Bezugsrahmens für den empirischen Teil im Unterkapitel<br />
5.3 nochmals aufgegriffen.<br />
Auch Schedler liefert eine Definition von Rationalität, die Handlungselemente explizit<br />
mit einschließt. Im Zusammenhang mit dem Verhalten politischer Akteure im Reformprozess<br />
in Verwaltungen definiert er Rationalität als „eine spezifische Art des<br />
Sprechens und Handelns, die in sich einen logischen Sinn ergibt. Sie ist die Konstruktionslogik<br />
<strong>der</strong> eigenen Realität und gleichzeitig ein Filter für die Wahrnehmung <strong>der</strong><br />
Umwelt“ 9 (Schedler 2012: 363). Schedlers Definition basiert damit ebenfalls nicht auf<br />
den Ansätzen <strong>der</strong> neoklassischen Ökonomie, son<strong>der</strong>n orientiert sich eher an dem Konzept<br />
<strong>der</strong> Systemrationalität von Luhmann (1968).<br />
9<br />
Bei <strong>der</strong> Definition handelt es sich um eine leicht angepasste Version einer früheren Definition von Schedler (2003: 539).