Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Teil II<br />
Theoretischer Bezugsrahmen und Forschungsdesign<br />
5 Konzeptionierung von Rationalität<br />
5.1 Begründung eines theoretischen Bezugsrahmens<br />
In Kapitel 2 wurden die Vielschichtigkeit des Begriffs ʻRationalitätʼ sowie seine teilweise<br />
unterschiedliche Verwendung in <strong>der</strong> Literatur dargestellt. Um einen sinnvollen<br />
und systematischen empirischen Forschungsprozess zu gewährleisten, erscheint es daher<br />
notwendig, einen theoretischen Bezugsrahmen abzuleiten, <strong>der</strong> diesen Prozess<br />
strukturiert. Jedoch for<strong>der</strong>n ein konstruktivistisches Forschungsparadigma und qualitative<br />
Forschungsansätze grundsätzlich Offenheit des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Forschenden, und zwar<br />
sowohl beim Eintritt in das jeweilige Forschungsfeld als auch während des Forschungsprozesses<br />
selbst (Mayring 2002). Glaser (1992) nimmt in diesem Zusammenhang<br />
eine radikale Position ein. Er empfiehlt, empirische Untersuchungen ohne jegliche<br />
theoretische Vorüberlegungen und ohne den Einbezug existieren<strong>der</strong> einschlägiger<br />
Literatur durchzuführen, um einen möglichst offenen Forschungsprozess zu gewährleisten<br />
und die notwendige Flexibilität des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Forschenden nicht einzuschränken.<br />
Eisenhardt (1989: 536) nimmt in Bezug auf theoriebildende qualitative Forschungsmethoden<br />
einen ähnlichen <strong>St</strong>andpunkt ein: „Finally and most importantly, theory-building<br />
research is begun as close as possible to the ideal of no theory un<strong>der</strong> consi<strong>der</strong>ation“.<br />
Die Literatur zur qualitativen Sozialforschung hat sich jedoch im Zeitverlauf von dem<br />
Erfor<strong>der</strong>nis einer entsprechend radikalen Offenheit distanziert. Mittlerweile herrscht<br />
weitestgehend Konsens darüber, dass die For<strong>der</strong>ung nach einem völlig offenen und<br />
flexiblen Zugang zu einem Forschungsfeld nicht <strong>der</strong> Forschungsrealität entspricht<br />
(Lamnek 1995a; Myers 2009; Silverman 2010; <strong>St</strong>rauss & Corbin 1998). Je<strong>der</strong> und jede<br />
Forschende verfügt über gewisse Erfahrungen sowie über bestimmtes Wissen und somit<br />
über Annahmen, die, bewusst o<strong>der</strong> unbewusst, in den jeweiligen Forschungsprozess<br />
mit einfließen. So verfügt <strong>der</strong> Autor <strong>der</strong> vorliegenden Dissertation über <strong>St</strong>udienund<br />
Berufserfahrungen im Verkehrsbereich, die mit unbewusstem und bewusstem<br />
Wissen zu dem hier relevanten Themenbereich verbunden sind. Zudem hat er im Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Einarbeitung in die verschiedenen relevanten Themenfel<strong>der</strong> dieser<br />
Arbeit – wie im Rahmen wissenschaftlicher Forschung üblich – verschiedenste<br />
Literatur gelesen und verarbeitet. Die Bedingung des theorielosen Eintritts ins empiri-