30.01.2014 Aufrufe

Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen

Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen

Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

64 Error! Use the Home tab to apply Überschrift 1 to the text that you want to appear here.<br />

sche Forschungsfeld konnte demnach nicht erfüllt werden. Wenn jedoch klar ist, dass<br />

theoretisches Wissen vorhanden ist und – zumindest unbewusst – ohnehin in den empirischen<br />

Forschungsprozess einfließen wird, dann kann auch eine explizite systematische,<br />

vorgängige Herausarbeitung des entsprechenden Wissens erfolgen. In diesem<br />

Zusammenhang sei auf Giddens (1984) hingewiesen, <strong>der</strong> diskursives Wissen von praktischem<br />

abgrenzt. Demnach kann eine forschende Person (o<strong>der</strong> generell: können<br />

menschliche Individuen) nur einen Teil ihres Wissensbestandes diskursiv darlegen.<br />

Der an<strong>der</strong>e Teil ihres Wissens kann dagegen eben nicht diskursiviert werden, son<strong>der</strong>n<br />

wird unbewusst bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> alltäglichen Handlungen <strong>der</strong> Menschen aktiviert.<br />

Bezogen auf ein Forschungsvorhaben hat das zur Konsequenz, dass mehr Wissen<br />

in den Forschungsprozess einfließt, als die forschende Person vorab diskursiv darlegen<br />

kann.<br />

Es ist einer forschenden Person daher we<strong>der</strong> möglich, ohne jegliches theoretisches<br />

Wissen und ohne Vorannahmen in das jeweilige empirische Forschungsfeld einzutreten,<br />

noch sämtliches vorhandenes Wissen zu <strong>der</strong> entsprechenden Forschungsfrage darzulegen.<br />

Dennoch macht es aus den oben dargestellten Gründen Sinn, den diskursiv<br />

verfügbaren Teil des Wissens zu dem hier relevanten Forschungsgegenstand zu erläutern<br />

und in die empirische Analyse einfließen zu lassen. Im Unterschied zum Vorgehen<br />

bei <strong>der</strong> Anwendung quantitativer Forschungsmethoden, das auf dem wissenschaftstheoretischen<br />

Gedankengut Poppers (2002) basiert, geht es dabei nicht um die<br />

Deduktion präziser Hypothesen, die anschließend zu testen sind. Vielmehr soll ein<br />

heuristischer Bezugsrahmen formuliert werden, <strong>der</strong> zwar als eine Art Leitplanke des<br />

Forschungsprozesses fungiert, diesen aber nicht dominiert. Im Zuge <strong>der</strong> empirischen<br />

Analyse kann sich dabei <strong>der</strong> theoretische Rahmens verän<strong>der</strong>n, zum Beispiel durch den<br />

Wegfall bestimmter Bereiche, die nicht länger ausreichend relevant sind, o<strong>der</strong> durch<br />

die Integration von Fragestellungen und Elementen, die vorab noch nicht berücksichtigt<br />

worden waren.<br />

5.2 Blumers ʻsensitizing conceptʼ<br />

Blumer (1954) liefert mit dem von ihm beschriebenen sensitizing concept einen<br />

begrifflichen und methodischen Ansatz, <strong>der</strong> es ermöglicht, ein empirisches<br />

Forschungsfeld vor dem Eintritt des o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Forschenden entsprechend lose<br />

vorzustrukturieren. Blumer (1954: 7) beschreibt den Unterschied seiner sensitizing<br />

concepts gegenüber einem starren und definitiven theoretischen Bezugsrahmen wie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!