Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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„Vielleicht kommt das irgendwann mal mit <strong>der</strong> Ausschreibung. Nur bin ich überzeugt, dass<br />
wir selbst bei einer Ausschreibung den Auftrag bekommen würden. Und zwar korrekt. Weil<br />
wir einfach sehr effizient und kostengünstig schaffen. Bei uns redet niemand rum, wir sind eine<br />
Aktiengesellschaft. Also, was wir intern machen, geht das Parlament nichts an. Als ich gekommen<br />
bin, habe ich ja noch einen 24-köpfigen Verwaltungsrat gehabt. Jede Gemeinde hat<br />
irgendeinen geschickt. Und dann habe ich gesagt, das will ich nicht mehr. So kann ein Unternehmen<br />
nicht gut geführt werden. Ich will einen 7-köpfigen Verwaltungsrat und nicht mehr.<br />
Und habe dann nachher den direkten Weg gesucht und das Glück ist gewesen, ich habe einfach<br />
eine Person aus dem Parlament in den VR wählen lassen. So dass das Parlament das Gefühl<br />
hat, es könnte mitreden. Und jetzt heute sind wir nur noch sieben. Und das klappt wun<strong>der</strong>bar.<br />
Wir haben natürlich auch einen ganz guten Direktor im Unternehmen. Der sprudelt,<br />
das ist ein Powerman. Der ist vorher in <strong>der</strong> Privatwirtschaft schon Manager gewesen. Also, ein<br />
Erfolgstyp.“ (Interview Case C, pol. AT 2 2009)<br />
Es lässt sich festhalten, dass die <strong>kantonalen</strong> Beteiligungsstrukturen sowohl auf diskursiver<br />
Ebene, insbeson<strong>der</strong>e aber über ihr Handeln systematisch von den politischen<br />
Aufgabenträgern ʻreproduziertʼ werden.<br />
Hinsichtlich des Aspekts <strong>der</strong> Anreizsysteme im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Vergabethematik<br />
ist für die administrative organisationale Ebene zunächst einmal festzustellen,<br />
dass keine positiven Anreize zur Anwendung eines bestimmten Vergabeverfahrens<br />
existieren. Dagegen lassen sich verschiedene negative Anreize in Bezug auf die Einführung<br />
von Ausschreibungswettbewerb in den <strong>kantonalen</strong> regionalen Busverkehr<br />
identifizieren. Würde die Verwaltung Ausschreibungen thematisieren und forcieren, so<br />
würde sie damit gegen das Werte- und Normensystem des Regierungsrates handeln<br />
und unter Umständen sein politisches Risiko erhöhen. Zum an<strong>der</strong>en würde sie Agenda-Setting<br />
betreiben und damit die Kompetenzen überschreiten, die mit <strong>der</strong> ihr zudachten<br />
Rolle innerhalb <strong>der</strong> Aufgabenträgerorganisation verbunden sind. Auch dadurch<br />
würde das politische Risiko des Regierungsrates weiter steigen. Beides würde von <strong>der</strong><br />
politischen Ebene nicht akzeptiert werden, so dass mit Konsequenzen für die Verwaltung<br />
beziehungsweise für einzelne Personen zu rechnen wäre. Der Weggang des langjährigen<br />
Amtsleiters infolge des Wechsels auf <strong>der</strong> Position des Verkehrsdirektors verdeutlicht<br />
diesen negativen Anreiz. Zwar ging es in dem konkreten Fall nicht um das<br />
Thema „Ausschreibungswettbewerb“, son<strong>der</strong>n um an<strong>der</strong>e fachliche und persönliche<br />
Differenzen. Dennoch zeigt dieser personelle Wechsel, dass ein nicht konformes Verhalten<br />
mit direkten und persönlichen negativen Konsequenzen verbunden sein kann.<br />
Zumindest besteht jedoch ein negativer Anreiz dahingehend, dass eigenes Engagement<br />
zum Zwecke eines effizienteren regionalen Busverkehrs aufgrund fehlen<strong>der</strong> Unterstützung<br />
durch den politischen Aufgabenträger letztlich nicht zu einer tatsächlichen Än<strong>der</strong>ung<br />
im System, son<strong>der</strong>n nur zu unnötigem Ressourcenverbrauch in <strong>der</strong> Verwaltung<br />
und zu unnötiger Arbeitsbelastung <strong>der</strong> engagierten Personen führen würde.