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Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen

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8.3.3.4 Institutionalisierungsgrad von Vergabepraktiken<br />

Gemäß Zucker (1991) beeinflussen organisationale Praktiken mit einem hohen Institutionalisierungsgrad<br />

nicht nur die Handlungen <strong>der</strong> Organisationsmitglie<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

auch ihre Wahrnehmung <strong>der</strong> Umwelt sowie ihre Realitätskonstruktionen. Entsprechende<br />

institutionalisierte Verhaltensweisen werden als selbstverständlich angesehen,<br />

sozusagen als naturgegeben, und ohne kritische Hinterfragung ausgeführt. Ihre Anwendung<br />

muss dementsprechend nicht begründet o<strong>der</strong> legitimiert werden, son<strong>der</strong>n<br />

verfügt per se über eine hohe Akzeptanz. Organisationale Praktiken mit einem hohen<br />

Grad an Institutionalisierung sind somit im Gegensatz zu weniger institutionalisierten<br />

Praktiken mit höherer Beständigkeit und Än<strong>der</strong>ungsresistenz sowie mit geringerem<br />

Akzeptanzrisiko in ihrer Anwendung verbunden (Walgenbach & Meyer 2008).<br />

In diesem Zusammenhang kann <strong>der</strong> dritte Faktor verstanden werden, <strong>der</strong> im Grounded<br />

Theory-Prozess als relevant in Bezug auf die Bewertung des politischen Risikos des<br />

Offert- und des Ausschreibungsverfahrens identifiziert wurde: <strong>der</strong> jeweilige sowohl<br />

organisationale als auch gesellschaftliche Institutionalisierungsgrad <strong>der</strong> Verfahren.<br />

Dahinter steht die konkrete Annahme, dass das mit einer Vergabepraktik verbundene<br />

Risiko für den politischen Erfolg umso geringer ausfällt, je institutionalisierter und<br />

routinierter die Praktik und ihre Anwendung im jeweiligen <strong>kantonalen</strong> ÖV-System ist.<br />

So sind die einzelnen Prozessschritte eines institutionalisierten Verfahrens den am<br />

Verfahren Beteiligten bekannt, Erfolgsfaktoren und kritische Elemente in <strong>der</strong> Vorbereitung<br />

und während <strong>der</strong> Durchführung des Verfahren sind identifiziert und können<br />

berücksichtigt werden und, beson<strong>der</strong>s wichtig, die aus einem Verfahren resultierenden<br />

möglichen Ergebnisse sowie <strong>der</strong>en Beurteilung durch die Bevölkerung können eingeschätzt<br />

werden.<br />

Für Verfahren, die zum ersten Mal zum Einsatz kommen, liegen entsprechende<br />

Kenntnisse und Erfahrungswerte dagegen nicht o<strong>der</strong> nicht in ausreichendem Maße vor.<br />

Entsprechend hoch wird das mit ihnen verbundene politische Risiko von den politischen<br />

Aufgabenträgern eingeschätzt.<br />

Der Institutionalisierungsgrad des Offertverfahrens kann schweizweit als hoch bezeichnet<br />

werden. Es wird von den Schweizer Aufgabenträgern mehrheitlich im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Vergabe ihrer Angebotsvereinbarungen angewendet und stellt das langjährige<br />

<strong>St</strong>andardvergabeverfahren im regionalen Busverkehr dar (siehe in diesem Zusammenhang<br />

das Unterkapitel 4.3 sowie die Ausführungen zu den vier Fallstudien). Das politische<br />

Risiko, dass mit einer Anwendung des Offertverfahrens in Bezug auf den Faktor<br />

„Institutionalisierungsgrad“ verbunden ist, wird daher von den politischen Aufgabenträgern<br />

unter den gegebenen Rahmenbedingungen als gering bewertet.

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