Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Zweckrationalität Webers zu verstehen, also als an Zweck-Mittel-Relationen ausgerichtetes<br />
Handeln ohne Einbezug von Emotionen und moralischen Werten. Basierend<br />
auf Webers Ausführungen, integriert Kalberg Werte und Normen in Form <strong>der</strong><br />
ʻsubstantive rationalityʼ (1980: 1155) in seine Typologie, <strong>der</strong> zufolge Handeln an dem<br />
jeweils gültigen Wertesystem ausgerichtet wird, unabhängig von Effizienzaspekten<br />
o<strong>der</strong> Eigennutz. Kalbergs ʻsubstantive rationalityʼ entspricht überwiegend <strong>der</strong><br />
ʻWertrationalitätʼ von Weber (1980), weshalb Dyck (1997: 797) in diesem Zusammenhang<br />
auch den Ausdruck ʻvalue-based rationalityʼ verwendet. Die drei bisher genannten<br />
Formen <strong>der</strong> Rationalität aus Kalbergs Typologie stehen sämtlich in direktem<br />
Bezug zum Handeln, beziehungsweise an ihnen orientiert sich das Handeln direkt. Im<br />
Gegensatz dazu bezieht sich Kalbergs vierte Ausprägung von Rationalität, ʻtheoretical<br />
rationalityʼ (Kalberg 1980: 1155), eher auf eine abstrakte und konzeptionelle Ebene.<br />
Townley, die Kalbergs Typologie für ihre Analysen rivalisieren<strong>der</strong> <strong>Rationalitäten</strong> in<br />
einem organisationalen Verän<strong>der</strong>ungsprozess verwendet, beschreibt diese Form <strong>der</strong><br />
Rationalität wie folgt: „It is a cognitive template that informs un<strong>der</strong>standings of how<br />
the world works and informs action on this basis“ (Townley 2002: 165). ʻTheoretical<br />
rationalityʼ dient mit ihren Konzeptualisierungen <strong>der</strong> Realität somit zur Erklärung und<br />
Unterstützung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en drei handlungsorientierten <strong>Rationalitäten</strong> in Kalbergs Typologie,<br />
die sich direkt am Handeln orientieren.<br />
Webers <strong>Rationalitäten</strong>konzept sowie die darauf aufbauende Typologie Kalbergs zeigen<br />
unterschiedliche Ausprägungen von Rationalität auf. Demnach orientiert sich das<br />
Handeln von Akteuren und Organisationen nicht nur an dem formalen Kriterium <strong>der</strong><br />
Effizienz, son<strong>der</strong>n kann sich auch an an<strong>der</strong>en Werten ausrichten, die für den jeweiligen<br />
Handelnden relevant sind.<br />
2.3.2 Die <strong>Rationalitäten</strong> Diesings<br />
Im Hinblick auf die Forschungsfragen <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit stellen die umfangreichen<br />
Überlegungen Diesings (1950; 1955; 1958; 1962) zur Rationalität eine sinnvolle<br />
Anknüpfung an die Ausführungen Webers dar. Ausgangsbasis für Diesings Ausführungen<br />
ist seine Kritik an <strong>der</strong> im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen monozentrischen<br />
Ausrichtung des Rationalitätsbegriffs auf Effizienz und an <strong>der</strong> Gleichsetzung<br />
bei<strong>der</strong> Aspekte miteinan<strong>der</strong>: „Such a conception of rationality limits its scope rather<br />
severely“ (Diesing 1962: 1). Für Diesing ist stattdessen Effektivität das maßgebliche<br />
Kriterium im Zusammenhang mit Rationalität: „It refers to the successful production<br />
of any kind of value, leaving open and problematic the question of what kinds of value<br />
there may be” (Diesing 1950: 3). Rationalität bezieht sich somit nicht mehr (nur) auf