Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Weitererzählen zu motivieren. Ansonsten beschränkte sich <strong>der</strong> Autor auf die Rolle des<br />
Zuhörers. Zudem wurden <strong>St</strong>ichworte zu fehlenden, lückenhaften, wenig detaillierten<br />
o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sprüchlichen Passagen in den Erzählungen angefertigt (Schütze 1977), die<br />
später in <strong>der</strong> Nachfragephase, die sich an die Erzählphase anschloss, vom Autor thematisiert<br />
wurden. Ziel dabei war es, ein möglichst lückenfreies und konsistentes Bild<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Entscheidungsprozesse und ihrer jeweiligen Hintergründe zu erhalten.<br />
Die Fragen wurden erneut offen formuliert, so dass wie<strong>der</strong> die „narrative Kompetenz<br />
des Befragten“ (Schütze 1977: 51 zitiert in Lamnek 1995b: 72) zum Tragen kommen<br />
konnte.<br />
Irgendwann kam in jedem Interview <strong>der</strong> Zeitpunkt, an dem die erzählende Person<br />
nicht mehr weiter reden wollte o<strong>der</strong> über kein Potential für weitere Erzählungen mehr<br />
verfügte. Nun wurde die Re<strong>der</strong>olle wie<strong>der</strong> vom Autor übernommen und die nächste<br />
Interviewphase eingeleitet. Lamnek (1995b: 72) bezeichnet dies als „Bilanzierungsphase<br />
[…], in <strong>der</strong> direkte Fragen nach <strong>der</strong> Motivation und <strong>der</strong> Intention gestellt werden“.<br />
In diesem Sinne erfolgten entsprechende Nachfragen zu motivationalen Aspekten<br />
im gesamten Entscheidungsprozess für o<strong>der</strong> gegen die Durchführung von Ausschreibungswettbewerb,<br />
sofern diese noch nicht während <strong>der</strong> Erzählphase ausreichend<br />
geschil<strong>der</strong>t worden waren. So wurde zum Beispiel gefragt, warum an einer bestimmten<br />
<strong>St</strong>elle im Prozess eine bestimmte Entscheidung getroffen wurde und welche Aspekte<br />
mit welcher Bedeutung in die Entscheidung miteinbezogen wurden. Darüber hinaus<br />
wurde diese Phase des Interviews dazu genutzt, weitere Themen anzusprechen, die<br />
bislang noch nicht thematisiert wurden, aber für die Forschungsfragen <strong>der</strong> Arbeit ebenfalls<br />
interessant waren. Dabei wurde nun nicht mehr auf die erzählerische Kompetenz<br />
<strong>der</strong> Befragten abgezielt, son<strong>der</strong>n es ging um konkrete Antworten auf konkrete Fragen.<br />
Zum Beispiel wurden in diesem Zusammenhang Fragen zu <strong>der</strong> Rollenverteilung zwischen<br />
administrativen und politischen Aufgabenträgern sowie zur Rolle möglicher<br />
weiterer Akteure gestellt. Zum Ende dieser Phase des Interviews wurde die Gesprächspartnerin<br />
beziehungsweise <strong>der</strong> Gesprächspartner um Tipps bezüglich weiterer<br />
Personen gebeten, die zu interviewen für die Entscheidungsprozesse ebenfalls relevant<br />
sein könnte (Schütze 1977).<br />
Im Anschluss an diese letzte Frage wurde dem jeweiligen Gesprächspartner für die<br />
Bereitschaft gedankt, an dem Interview teilzunehmen, und mit <strong>der</strong> Abschaltung des<br />
Aufnahmegerätes endete dann das ‘offizielle’ Interview; in <strong>der</strong> Regel auch direkt das<br />
Gespräch, und man verabschiedete sich. Interessanterweise gab es jedoch auch einige<br />
Gesprächspartner, die die Verabschiedung dazu nutzten, vertrauliche Informationen zu<br />
bestimmten Themen des Interviews zu ergänzen. Konkret wurden zum Beispiel erneut