Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Die entsprechenden Anfor<strong>der</strong>ungen werden insbeson<strong>der</strong>e durch das narrative Interview<br />
als qualitative Interviewform erfüllt. Ziel des narrativen Interviews als unstrukturierte<br />
und offene Interviewform ist es, den Gesprächspartner frei zu einem vorgegeben<br />
Thema erzählen zu lassen. Mittels <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> entsprechenden Erzählungen wird<br />
dann versucht, zu den jeweiligen Bedeutungsstrukturen zu gelangen, die die erzählende<br />
Person mit dem relevanten Forschungsgegenstand subjektiv verknüpft (Schütze<br />
1977). Diese Art des Interviews eignet sich insbeson<strong>der</strong>e im Zusammenhang mit explorativen<br />
Fragestellungen, und zwar gemäß Mayring (2002: 74) „vor allem wenn es<br />
um schwer abfragbare Sinnstrukturen geht.“ Froschauer & Lueger (2003) sehen den<br />
Zweck narrativer Interviews darin, einen Zugang zu Ereignissen und Situationen zu<br />
schaffen, die ansonsten nicht beobachtbar wären, sowie zu <strong>der</strong>en retrospektiven Deutungen<br />
durch die Interviewpartner. Die durch narrative Interviews ausgelösten Erzählungen<br />
könnten somit zum Beispiel dabei helfen, einen tieferen Einblick in Organisationen<br />
und die dort ablaufenden Routinen zu erhalten (Czarniawska 1997; Czarniawska<br />
2004; Küsters 2009).<br />
Für die Interviews mit den Aufgabenträgerorganisationen als Forschungsobjekte dieser<br />
Dissertation, beziehungsweise mit <strong>der</strong>en Vertretern auf politischer und administrativer<br />
organisationaler Ebene, wurde daher die Interviewform des narrativen Interviews gewählt.<br />
6.3.1.2 Narrative Interviews<br />
Narrative Interviews stellen aufgrund ihrer Offenheit sowohl an den Interviewer als<br />
auch an die interviewte Person beson<strong>der</strong>e Anfor<strong>der</strong>ungen. Wesentlicher Erfolgsfaktor<br />
im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Durchführung narrativer Interviews ist <strong>der</strong> zu minimierende<br />
Einfluss <strong>der</strong> forschenden Person auf das Interview. <strong>St</strong>att den Gesprächsablauf bereits<br />
vorab selbst festzulegen, sollte sie sich gemäß Froschauer & Lueger (2003) eher<br />
durch die <strong>St</strong>rukturen und Themen dirigieren lassen, die in den Antworten und Erzählungen<br />
<strong>der</strong> interviewten Personen enthalten sind. Die beiden Autoren weisen in diesem<br />
Zusammenhang auf die beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>der</strong> Gesprächseröffnung für den Erfolg<br />
eines narrativen Interviews hin, die „innerhalb <strong>der</strong> Lebenswelt <strong>der</strong> befragten Person<br />
Relevanz aufweisen und eine Erzählung auslösen“ sollte (Froschauer & Lueger 2003:<br />
62).<br />
Um den Anfor<strong>der</strong>ungen an die Durchführung narrativer Interviews zu entsprechen,<br />
erfolgte <strong>der</strong> Ablauf <strong>der</strong> Interviews in Anlehnung an einen von Lamnek (1995b) beschriebenen<br />
idealtypischen Verlauf wie folgt. Zu Beginn <strong>der</strong> Interviews wurde im<br />
Rahmen eines mehr o<strong>der</strong> weniger langen Vorgesprächs zunächst das Forschungspro-