Multiple Rationalitäten der kantonalen ... - Universität St.Gallen
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Die Bedeutung einer hohen Effizienz im regionalen Busverkehr beziehungsweise die<br />
Bedeutung finanzieller Aspekte allgemein dagegen wird als gering für die Bevölkerung<br />
eingeschätzt und hat daher auch keine o<strong>der</strong> nur eine sehr untergeordnete <strong>St</strong>ellung<br />
im Wertesystem <strong>der</strong> politischen Aufgabenträgerebene.<br />
„Effizienz ist kein Thema für die Bevölkerung, ist auch nie gewesen. Öffentlicher Verkehr, das<br />
ist das Maß aller Dinge. Also, da muss einfach das Angebot und die Leistung stimmen, da<br />
geht es den Menschen nicht um Kosten. Ja, und das weiß und berücksichtigt man als guter<br />
Regierungsrat.“ (Interview Case C, pol. AT 1, 2009)<br />
„Berücksichtigen” heißt in diesem Zusammenhang, dass finanzielle Überlegungen tatsächlich<br />
nur in geringem Ausmaß o<strong>der</strong> auch nur alibimäßig in Entscheidungen und<br />
Handlungen einbezogen werden.<br />
„Also, ÖV ausbauen, da haben wir immer ganz große Unterstützung gehabt von unserer Direktion.<br />
Selbst in Zeiten, in denen eigentlich gespart werden musste, war klar: ÖV, das ist etwas,<br />
das man als Politikerin o<strong>der</strong> Politiker vertreten kann und muss, da kommt es auf das Finanzielle<br />
nicht so an.“ (Interview Case C, admin. AT 3 2009)<br />
„Uns hat man natürlich auch Sparübungen auferlegt, immer dann, wenn das mal wie<strong>der</strong> im<br />
Parlament o<strong>der</strong> den Medien zum Thema wurde. Aber natürlich wussten wir aus Erfahrung,<br />
das ist eine vergebene Übung. Am Schluss haben wir zwar die Hausaufgabe willig und schön<br />
gemacht, aber nichts ist passiert. Meine Mitarbeiter haben nächtelang und wochenlang gearbeitet.<br />
Wir haben also wirklich nächtelang Busse gestrichen usw. Aber im vollen Bewusstsein,<br />
das kommt nie durch. Ehrlicherweise, das sage ich jetzt auch so offen, habe ich mich natürlich<br />
grauenhaft geärgert. Weil wir gewusst haben, das ist jetzt also wirklich Aufwand für nichts.“<br />
Interview Case C, admin. AT 1 2009)<br />
Im Sinne des politischen Erfolgs verfolgt die politische Aufgabenträgerebene in Bezug<br />
auf den regionalen Busverkehr und in diesem Zusammenhang auch in Bezug auf das<br />
etablierte Vergabesystem mittels Offertverfahren die Norm, nichts an den bestehenden<br />
<strong>St</strong>rukturen und Prozessen zu än<strong>der</strong>n und kein unnötiges Risiko einzugehen. Ausschreibungswettbewerb<br />
wird als Risiko für die Qualität und – wie im Abschnitt 7.4.2<br />
beschrieben – für die Sicherheit im ÖV gesehen und daher abgelehnt.<br />
„Für mich ist das kein Thema. Ich bin nicht glücklich, also, wenn man ein funktionierendes<br />
System wie den öffentlichen Verkehr jetzt auf einmal än<strong>der</strong>n will. Denn letztlich möchte man<br />
ja gar keine neuen Unternehmen. Und wenn es dann doch wie<strong>der</strong> die bisherigen Betreiber machen,<br />
muss man sich schon fragen, was das außer einem Risiko für den öffentlichen Verkehr<br />
bringen soll.“ (Interview Case C, pol. AT 1 2009)<br />
„Es ist wirklich nicht wahnsinnig populär bei <strong>der</strong> Bevölkerung, das mit den Ausschreibungen<br />
im Busverkehr. Warum sollte man das dann machen?“ (Interview Case C, pol. AT 2 2009)<br />
Trotz <strong>der</strong> Ablehnung von Ausschreibungen durch die Aufgabenträger wird den Unternehmen<br />
offiziell mit Ausschreibungswettbewerb gedroht, falls sie zu hohe Abgeltungen<br />
in ihren Offerten verlangen. Gespräche auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Verkehrsunternehmen<br />
haben allerdings gezeigt, dass man dort die tatsächliche Haltung <strong>der</strong> Aufgabenträger<br />
kennt und sich <strong>der</strong> fehlenden Ernsthaftigkeit dieser Drohung bewusst ist.